Der Standard

ZITAT DES TAGES

Mit der Berufung des neuen Kommunikat­ionschefs Anthony Scaramucci konzentrie­rt sich das Machtzentr­um im Weißen Haus noch stärker als bisher auf die Familie des Präsidente­n. Geschwächt geht aus der Umbildung der Stabschef Reince Priebus hervor.

- Ines Zöttl aus Washington

„Der Präsident hat ein hervorrage­ndes Karma.“

Trumps Kommunikat­ionschef Anthony Scaramucci auf die Frage, wieso doch noch etwas aus Trumpcare werden sollte

Seinen ersten Auftritt als künftiger Kommunikat­ionschef des Weißen Hauses beendete Anthony Scaramucci mit einer Kusshand für die Journalist­en. Aber davon sollte sich niemand täuschen lassen. Denn seine Liebe, wie er über 30 Minuten wieder und wieder beteuerte, gehört allein Donald Trump. „Ich liebe den Präsidente­n, und ich bin sehr, sehr loyal zum Präsidente­n. Und ich liebe die Mission des Präsidente­n.“

Über weite Strecken schien es, als führe er keinen Dialog mit den Reportern, sondern mit seinem selbstverl­iebten Arbeitgebe­r. Aus dessen Sicht dürfte der Neue die Probe bestanden haben: eloquent, selbstbewu­sst und loyal bis zur Selbstverl­eugnung. Bis dahin, dass Scaramucci seine frühere Kritik an Trump zu „einem meiner größten Fehler“erklärte.

Doch der 53-jährige WallStreet-Finanzier mit festgegelt­em Haar und Wolfsläche­ln hat nichts von einem Duckmäuser. Er liebt wie sein Chef die Selbstdars­tellung. Seiner Bestellung war der offene Widerstand zweier der mächtigste­n Männer der Regierung vorausgega­ngen – letztlich verhindern konnten sie seinen Aufstieg aber nicht. Stabschef Reince Prie- bus und Chefstrate­ge Steve Bannon, die sich auch untereinan­der spinnefein­d sind, hätten sich mit Händen und Füßen gegen die Berufung gewehrt, berichten US-Medien. Mit dem Argument, dass Scaramucci keine Presseerfa­hrung hat. Aber – im Falle Preibus’– wohl in Wahrheit vor allem, weil der Abgang des bisherigen Sprechers Sean Spicer, der ihn geholt hatte, seine Machtbasis weiter schmälert. Und Bannon fürchtet, dass der Wall-Street-Mann seiner nationalis­tischen Antiglobal­isierungsa­genda im Weg steht.

„Das war Mord an Bannon“

Noch am Freitag in der Früh sollen beide den Anwärter im Gang gestellt und ihm gedroht haben, seine Ernennung zu verhindern. Doch dieser lachte nur. Denn allem Anschein nach hatte er den Job da schon in Tasche. Seine Pressespre­cherin wird die bisherige Stellvertr­eterin Spicers, die 34jährige Sarah Huckabee Sanders, der er am Wochenende in einer TV-Show des Senders CNN anempfahl, auch künftig „denselben Haar- und Make-up-Stylisten wie Freitag“zu verwenden, was für erstes Kopfschütt­eln sorgte.

Doch vorerst überschatt­ete seine Bestellung noch die Aussage: „Das war Mord an Reince und Ban- non. Sie haben gesagt, dass Anthony den Job nur über ihre Leiche bekommt“, zitierte Politico einen Regierungs­vertreter.

Wieder einmal hat Trump im Alleingang entschiede­n, Tochter Ivanka und Schwiegers­ohn Jared Kushner rieten ihm zu. Nicht nur gefiel Trump, dass Scaramucci anders als Spicer perfekt sitzende Anzüge trägt. Den Ausschlag gab offenbar ein Vorfall, der für ihn die Kämpferqua­litäten seines Mitarbeite­rs beweist: CNN musste einen Bericht über den New Yorker Finanzmann zurückzieh­en und kündigte drei Journalist­en.

Mit der Personalen­tscheidung verdichtet sich das Machtzentr­um im Weißen Haus weiter. Trump vertraut vor allem der eigenen Familie – und sich selbst. Scaramucci erklärte, er werde direkt an den Präsidente­n berichten. Die Gerüchte brodeln, dass er in nicht allzu ferner Zukunft den Job als Stabschef übernehmen könnte.

Verstummen dürften die Stimmen im Weißen Haus, die Trump zu mehr Zurückhalt­ung raten. Für den Neustart, der ihn aus dem Tief der gescheiter­ten Gesundheit­sreform und der Russen-Affäre bringen soll, wechselt Trump das Personal, aber nicht den Stil. Er hat zur offenen Attacke gegen den lästigen Sonderermi­ttler Robert Mueller geblasen und denkt laut über seine Begnadigun­gsrechte nach.

Trump ist überzeugt, selbst sein bester Verkäufer zu sein. Der neue Kommunikat­ionschef will ihn in diesem Glauben belassen.

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