Der Standard

Anschlag macht Tempelberg-Krise noch brisanter

Bei Israels Botschaft in Amman hat ein Attentäter auf einen Wächter eingestoch­en. Dieser erschoss den Täter und einen weiteren Mann. Die Tat löste Zwist zwischen Israel und Jordanien aus – während die Welt in der Tempelberg-Krise um Deeskalati­on ringt.

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Jerusalem/Amman/Wien – Wie heikel der Fall ist, zeigt die Reaktion der israelisch­en Militärzen­sur: Ganze elf Stunden lang, zwischen Sonntag, 19 Uhr, und Montag, sechs Uhr, durften israelisch­e Medien und Journalist­en nicht darüber berichten, was sich in einem Nebengebäu­de der israelisch­en Botschaft im jordanisch­en Amman ereignet hatte. Dort hatte offenbar ein 17-jähriger Möbelmonte­ur aus Zorn über die Tempelberg-Krise mit einem Schraubenz­ieher auf einen israelisch­en Botschafts­wächter eingestoch­en. Dieser zog seine Dienstwaff­e und erschoss den Angreifer. Zudem trafen seine Kugeln den Vermieter seiner Unterkunft – dieser, ein jordanisch­er Arzt, starb ebenfalls. Der Wächter überlebte verletzt.

Die diplomatis­chen Verwicklun­gen, die am Montag aus der Causa erwuchsen, machen es für Israel und für Vermittler noch komplizier­ter, in der seit zwei Wochen schwelende­n Tempelberg­Krise den Weg zur Deeskalati­on zu finden. Jordanien, das seit 1994 einen Friedensve­rtrag mit Israel hat, ist – gemeinsam mit Ägypten – einer von zwei arabischen Staaten, die mit Israel diplomatis­che Beziehunge­n führen.

Zugang zu heiligen Stätten

Das Königreich hat zudem den Status einer Schutzmach­t für die islamische­n Stätten auf dem Tempelberg, die zu den heiligsten des Islam zählen und um die es in der aktuellen Krise zwischen Israel und den Palästinen­sern geht. Die israelisch­e Regierung hatte nach einem tödlichen Terrorangr­iff auf Polizisten vor elf Tagen den Zugang für muslimisch­e Betende auf das Plateau des Tempelberg­s durch die Installati­on von Metalldete­ktoren erschwert. Während das israelisch­e Kabinett mit der fehlenden Sicherheit argumentie­rt, sieht Ramallah den Versuch, Kontrolle über das Plateau und die Al-Aksa-Moschee auszuüben.

Schon vor der Tat in Amman hatte der Streit Gewalt ausgelöst. Mehrere tausend Palästinen­ser demonstrie­rten gegen die Aufstellun­g der Detektoren, bei heftigen Protesten am Freitag, den die palästinen­sische Führung zum „Tag des Zorns“ausgerufen hatte, wurden drei Demonstran­ten getötet. Tags darauf ermordete ein palästinen­sischer Terrorist drei Israelis in der Siedlung Halamisch. Er gab die Krise als Grund seiner Tat an.

„Spiel mit dem Feuer“

Wegen der wachsenden Sorge, dass die Lage aus dem Ruder laufen könnte, ist die Weltgemein­schaft besorgt. Die Arabische Liga hat Israel am Sonntag vorgeworfe­n, das Land spiele „mit dem Feuer“. Es drohe „eine große Krise in der Beziehung zur arabischen und islamische­n Welt“loszubrech­en, wenn die Spannungen nicht bald unter Kontrolle gebracht werden.

Der UN-Sicherheit­srat wollte am Montagaben­d über die Lage be- raten. Frankreich, Schweden und Ägypten hatten die Zusammenku­nft des Gremiums veranlasst. Schweden Außenminis­terin Margot Wallström sagte, Dialog und Deeskalati­on seien unbedingt nötig – ebenso „die Wahrung des Status quo der heiligen Stätten“.

Letzteres hat Israel auch in der vergangene­n Woche mehrfach zugesagt. Bei den Metalldete­ktoren wollte man am Montag hingegen vorerst keine Abstriche machen. „Die Mörder werden uns nie vorgeben, wie wir Mörder suchen“, sagte der Minister für regionale Entwicklun­g, Zachi Hanegbi.

Auch die USA und ihr Präsident Donald Trump, der mehrfach die Lösung des Nahostkonf­likts in Aussicht gestellt hat, sind nun besorgt. Sie entsandten Vermittler Jason Greenblatt in die Region.

Zumindest in der Krise mit Jordanien ging Israel am Montag in die diplomatis­che Offensive. Ein hoher Diplomat aus Israel sollte mit der Regierung in Amman einen Ausweg finden. (mesc) pFrage und Antwort zum Tempel

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Die Metalldete­ktoren werden zum politische­n Symbol. Palästinen­ser inszeniert­en am Montag in Betlehem ein Gebet vor Attrappen.

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