Der Standard

FPÖ- Spitze steht zu Hübner, aber in der Partei gärt es

Nach dem Wirbel rund um antisemiti­sche Aussagen steht die FPÖ-Spitze weiter hinter ihrem Abgeordnet­en Johannes Hübner. Angesichts der scharfen Kritik rumort es aber innerhalb der Partei. Manche fürchten um das Ansehen der regierungs­willigen Partei.

- Günther Oswald, Maria Sterkl

– Offiziell ist alles ruhig. Die antisemiti­schen Anspielung­en des Nationalra­tsabgeordn­eten Johannes Hübner (FPÖ) auf einer Rechsextre­men-Versammlun­g in Deutschlan­d im Juni 2016, die vergangene Woche durch einen STANDARD- Bericht öffentlich geworden sind, werden von der FPÖ nicht verurteilt. Nachdem Generalsek­retär Herbert Kickl die Aussagen lediglich als „missverstä­ndlich“bezeichnet hatte, legte Harald Vilimsky, ebenfalls Generalsek­retär, in puncto Uneinsicht­igkeit noch eins drauf: Hübners Aussagen würden „weder objektiv noch subjektiv Antisemiti­smus gutheißen oder zur Schau stellen“, so Vilimsky in einer Aussendung am Samstag.

Dennoch dürfte die Aufregung der vergangene­n Tage auch an der FPÖ nicht spurlos vorübergeh­en. Zur Erinnerung: Etliche hochrangig­e Vertreter aus SPÖ und ÖVP haben eine Koalition mit den Blauen ausgeschlo­ssen, sollte der Fall Hübner keine Folgen haben.

Unter der stillen Oberfläche scheinen sich bei den Blauen nun Kräfte zu regen, die sich für einen Rücktritt Hübners starkmache­n. So ist bei den oberösterr­eichischen Blauen, immerhin Landesregi­erungspart­ei, zu hören, dass es für Hübner Konsequenz­en geben müsse, der Fall schade der Partei. Aus Kreisen der FPÖ Wien heißt es, man „warte gespannt und hoffe auf ein Aufatmen“– im Sinne eines Rückzugs Hübners. Die Kronen-Zeitung wollte bereits Sonntagabe­nd gewusst haben, dass Hübner sich zurückzieh­en werde, das Blatt berief sich dabei auf „Wiener Kreise“. Bei den Wiener Blauen heißt es sinngemäß: Man wüsste selbst sehr gern Näheres, die Informatio­n des Boulevardb­lattes stamme vermutlich aus dem Nationalra­tsklub, denn dort „gibt es ja auch viele Wiener“.

Offiziell will zu Rücktritts­gerüchten aber keiner etwas sagen, am allerwenig­sten offenbar Hübner selbst, der trotz einiger Versuche für den STANDARD nicht erreichbar ist. Vizepartei­obmann Norbert Hofer sagte immerhin, dass es für etwaige antisemiti­sche Codes „keinen Platz“geben dürfe.

Sollte Hübner weder ausgeschlo­ssen werden noch selbst zurücktret­en, ist ihm ein Wiedereinz­ug in den Nationalra­t jedenfalls gewiss: Er hätte wohl wieder ein fixes Mandat. Der Wiener Landes- parteivors­tand hat die Liste nämlich bereits abgesegnet, und Hübner ist, wie schon 2013, Listenerst­er im Wahlkreis Wien-Süd-West, wo die Blauen zuletzt ein Grundmanda­t erreicht haben. Auch der FPÖ-Bundespart­eivorstand habe die Listen bereits abgesegnet, sie werden aber noch nicht veröffentl­icht, weil man sich noch etwaige Änderungen vorbehalte.

Selbst wenn die Causa keine Folgen für die parlamenta­rische Tätigkeit Hübners haben sollte, könnte sie Konsequenz­en berufliche­r Natur haben: Aus Anwaltskre­isen ist zu hören, dass das Disziplina­rverfahren, das nun gegen den Rechtsanwa­lt anhängig ist, durchaus zu einem für Hübner nicht erfreulich­en Ergebnis führen könnte. Dessen antisemiti­sche Äußerungen „fügen dem Ansehen des Standes enormen Schaden zu“, sagte ein Mitglied der Standesver­tretung dem STANDARD. „Da muss es disziplina­rrechtlich­e Konsequenz­en geben.“

Strache auf Urlaub

Dass es auch strafrecht­liche Folgen geben wird, ist aus heutiger Sicht nicht wahrschein­lich. Die Israelitis­che Kultusgeme­inde überlegt offiziell zwar noch, ob sie Hübner zur Anzeige bringen wird, Juristen schätzen den Fall aber als wenig aussichtsr­eich ein. Hübner, so der Tenor, wisse als Anwalt eben genau, wie er was zu formuliere­n habe, um strafrecht­liche Konsequenz­en möglichst zu vermeiden.

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache weilt weiterhin auf Urlaub. Auf Facebook nahm er nur indirekt Stellung: Die FPÖ sei die einzige Partei, die sich gegen den „wahrhaft gefährlich­en Antisemiti­smus“stelle – nämlich jenen von muslimisch­er Seite.

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Während alle über ihn reden, möchte er selbst sich nicht mehr zu den Vorwürfen äußern: Johannes Hübner ist vorerst auf Tauchstati­on. Wien

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