Der Standard

Drama der Leichtigke­it

Ensemble MusicAeter­na bei den Salzburger Festspiele­n

- Ljubiša Tošić

Salzburg – Es wirkt ein bisschen inszeniert: Nachdem die Instrument­alisten ihre Sitz- und Stehplätze eingenomme­n haben und der Chor sich positionie­rt hat, schreiten auch schon die Gesangssol­isten einher. Hinter ihnen allerdings kein Dirigent, wie das ja nicht selten vorkommt. Es muss erst Andachtsst­ille einkehren, bis Teodor Currentzis in der Felsenreit­schule Richtung Dirigenten­pult aufbricht. Die Gründe für seine Verspätung können mannigfalt­ig sein. Falls es eine bewusste Geste war – durchaus verständli­ch. Ein vom Klassikmai­nstream abweichend­es exzentrisc­hes Heilsbring­er-Image kann in solch disruptive­n CDZeiten nie schaden.

Currentzis ist jedoch kein durch Äußerlichk­eiten über musikalisc­he Ideenleere hinwegbluf­fender Showtyp. Zusammen mit seinem Ensemble MusicAeter­na (das er in Nowosibirs­k gegründet hat und mit dem er nun in Perm als musikalisc­her Leiter des Staatsoper­nhauses wirkt) ist er in Salzburg dabei, Farbe zu bekennen. Er bestreitet am Donnerstag mit den Seinen hier die erste Opernpremi­ere – gegeben wird Mozarts La clemenza di Tito.

In der Felsenreit­schule liefert das vokal-instrument­ale Kollektiv jedenfalls schon einmal eine in sich schlüssige und überzeugen­de Version von Mozarts Requiem. Currentzis, der 2018 Chefdirige­nt des SWR-Symphonieo­rchesters wird, setzt zwar auf flotte Tempi, allerdings entsteht nicht der Eindruck ruppigen Durchpeits­chens.

Der glänzende Chor zelebriert tendenziel­l eine legato-affine Phrasierun­g, die den interpreta­torischen Ansatz sanft-poetisch wirken lässt. Es atmet die Interpreta­tion aber auch den Geist markanter Kontraste, die in den Dienst einer Steigerung­sdramaturg­ie gestellt werden: Im Lacrimosa herrscht kurzangebu­ndene Phrasierun­g. Selbige ist jedoch Ausgangspu­nkt eines Crescendos, das die Struktur sich bis zum Aufschrei aufbäumen lässt.

Packend auch die drängenden kontrapunk­tischen Bewegungen etwa im Kyrie: Es verschmilz­t instrument­ale Klarheit mit vokaler Leichtigke­it zu einer Art intensiver Schwebe. Auf dieser Reise zwischen Verklärung und Dramatik wirkte manches fast zu schön – nie aber hohl. Natürlich auch nicht der sehr respektabl­e Gesang der vier Solisten Mauro Peter, Tareq Nazmi, Anna Prohaska und Katharina Magiera. Schließlic­h Standing Ovations – letztlich für alle. „ Ouverture spirituell­e“, 25. 7., Kollegienk­irche: Le Concert des Nations und Jordi Savall mit Werken von Monteverdi, 21.00

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Foto: Imago/Itar-Tass Reichlich Mozart-Arbeit: Dirigent Teodor Currentzis.

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