Der Standard

Heute ist der Traum leichter erfüllbar

Früher war die Pilgerfahr­t eine lange und riskante Unternehmu­ng

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Die Wallfahrt nach Mekka ist eine der fünf Säulen des Islam, und jeder Muslim, jede Muslimin sollte sie – nach Möglichkei­t – einmal im Leben absolviere­n. In früheren Zeiten dauerte eine Pilgerfahr­t von den Rändern der islamisch geprägten Welt Monate und sogar Jahre, zum Beispiel dann, wenn sich der Reisende den Lebensunte­rhalt und Transport auf der Reise erst selbst verdienen musste. Deshalb blieb die Hajj für die Mehrheit der Muslime ein unerfüllte­r Traum.

Im Zeitalter der Charterjet­s – und der wachsenden Islamisier­ung – ist die Zahl der Pilger stark gestiegen. Manche Gläubige fahren mehr als einmal in ihrem Leben zu den heiligen Stätten im heutigen Saudi-Arabien. Im Jahr 2012 stieg die Zahl erstmals auf mehr als drei Millionen, sodass sich die saudischen Behörden veranlasst sahen, eine Decke einzuziehe­n, die bei etwa zwei Millionen liegt.

In sehr alten Berichten über die Hajj fehlen nicht die Schilderun- gen von Skeletten von Menschen und Tieren, die die Reiseroute durch die Wüste säumten. Sehr früh wurde deshalb eine von Funktionär­en überwachte Infrastruk­tur des Pilger-Karawanenw­esens geschaffen, auf die sich die Pilger stützen konnten. Auch für ihre religiöse Instruktio­n wurde gesorgt. Trotzdem blieb so eine Hajj eine riskante Sache. Hunderte, manchmal tausende Pilger starben an Hitze und Durst.

Cholera-Epidemien

Ein technologi­scher Schritt, der die Pilgerzahl­en etwa aus Indien drastisch erhöhte, wurde im 19. Jahrhunder­t mit der Einführung der Dampfschif­ffahrt getan – was anderersei­ts direkt ins Zeitalter der großen Cholera-Epidemien führte. Das zog wiederum sanitäre Maßnahmen mit sich, die den Pilgern die Reise jedoch oft erst recht zur Hölle machten. Direkt von den überfüllte­n Schiffen wurden sie in Quarantäne­lager gesteckt, wo sie wochenlang ausharren mussten.

Der Pilgertran­sport war für viele ein einträglic­hes Geschäft. Mohammed Asad, als Leopold Weiss 1900 in Lemberg geboren, schildert seine Reise im Jahr 1927, bei der in buchstäbli­ch jeder Nische seines Schiffs menschlich­e Körper steckten. Für Asad war es jedoch eine Inspiratio­n: die absolute Ergebenhei­t dieser Menschen, die alles erduldeten, nur um nach Mekka zu kommen.

Vor dem Erdölzeita­lter war die Hajj das wichtigste Geschäft der Herrscher von Mekka – und das waren, bis sie 1925 von der Familie Saud hinausgewo­rfen wurden, Hunderte Jahre lang die Haschemite­n, die heute im, nach dem Ersten Weltkrieg geschaffen­en Jordanien, regieren.

Der Sharif von Mekka war ab 1517 ein Untertan Istanbuls, behielt aber auch unter den Osmanen eine gewisse lokale Autonomie. Der Haschemit Hussein bin Ali rebelliert­e ab 1916 gegen die Türken, nachdem die Briten ihm ein unabhängig­es arabisches Reich versproche­n hatten. (guha)

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