Zweitjobs für Beamte an geförderter FH
Zwei Spitzenbeamte des Innenministeriums leiten an der FH Wiener Neustadt Studiengänge, die das Ministerium finanziell fördert. Die Grünen sprechen von einem „zweifelhaften Arrangement“. Die interne Revision hat die Förderpraktiken bereits kritisiert.
Wiener Neustadt – Michael Fischer dürfte so schnell nicht fad werden. Der gelernte Polizist ist nicht nur stellvertretender Direktor des Bundeskriminalamts, sondern auch Leiter des Bachelorstudiengangs „Polizeiliche Führung“an der Fachhochschule (FH) Wiener Neustadt. Er ist nicht der einzige Beamte, der dort arbeitet: Insgesamt zehn Mitarbeiter des Innenministeriums haben eine Nebenbeschäftigung bei der FH gemeldet. So auch Ireen Winter, die das Büro „Operative und Strategische Kriminalanalyse“im Bundeskriminalamt leitet – und das Masterstudium „Strategisches Sicherheitsmanagement“an der FH Wiener Neustadt.
Für den Betrieb der zwei Studiengänge schüttet das Innenministerium jährlich eine Förderungssumme an die FH aus, 2015 wurden etwa Kosten in der Höhe von 950.000 Euro getragen.
Eine zweistellige Zahl an Beamten verdient also zusätzlich zu ihrem Gehalt an einem Arbeitsplatz, der wiederum durch das Ministerium mitfinanziert wird. Das Innenressort bestätigt auf Anfrage des STANDARD, dass Winter und Fischer im Bundeskriminalamt einem regulären 40-Stunden-Job nachgehen.
Innerhalb ihrer Dienstzeit dürfen sie nicht für ihren zweiten Arbeitgeber, die FH Wiener Neustadt, tätig sein. Die Personalhoheit über die zwei Studiengänge liegt komplett bei der Fachhochschule, heißt es aus dem Innenministerium.
„Ausreichende Anwesenheit“
Die Fachhochschule gibt an, dass die Anwesenheit Michael Fischers „für die Erfüllung seiner Aufgaben als Studiengangsleiter ausreichend“sei. Fixe Sprechstunden gebe es aber nicht, sondern „verschiedene Tools, um miteinander zu kommunizieren“. Die Posten seien „ausgeschrieben worden“, erklärte die FH, ohne nähere Auskünfte über die Modalitäten bekanntzugeben.
Nähere Angaben zu den zwei Studiengängen gibt es nicht. Die Fragen nach dem Verdienst von Michael Fischer und Ireen Winter, der Anzahl ihrer geleisteten Wochenstunden sowie bezüglich eines Arbeitsnachweises werden nicht beantwortet. Es gebe aber viele Führungspositionen, die in Teilzeit besetzt werden. Das sei wichtig, um „den Bezug zum Berufsfeld und zur Praxis sicherzustellen“, sagt die FH.
Der Kriminalsoziologe Reinhard Kreissl hat „zumindest den Eindruck, dass die an der FH lehrenden Personen über nepotistische Netzwerke rekrutiert werden“. Zur Unabhängigkeit der Studiengänge sagt Kreissl: „Man tut so, als ob, lässt sich nicht in die Karten schauen und baut Potemkin’sche Dörfer.“Es gäbe sehr wohl die Möglichkeit, internationales Personal zu rekrutieren und „Kandidatinnen und Kandidaten mit akademischem Hintergrund und entsprechender, möglichst über Österreich hinausreichender Berufserfahrung“zu finden, so Kreissl.
Der Rechnungshof nahm die Förderpraktiken des Ministeriums vergangenen Herbst unter die Lupe. In seinem Bericht schreibt er, dass sich die interne Revision des Ressorts bereits mit der Causa beschäftigt hat.
„BMI fördert sich selbst“
Diese bemängelte, „dass es sich bei der Förderung an die Fachhochschule Wiener Neustadt um eine mittelbare Förderung des BMI selbst durch das BMI handle“. Die Kurse waren 2006 unter der ehe- maligen Innenministerin Liese Prokop (ÖVP) gestartet, Aufsichtsratvorsitzender der FH ist mittlerweile Klaus Schneeberger, Klubobmann des Landtagsklubs der ÖVP Niederösterreich und Bürgermeister von Wiener Neustadt.
Der freiheitliche Nationalratsabgeordnete Günther Kumpitsch hat bereits im Vorjahr eine parlamentarische Anfrage zum Studiengang eingebracht, dabei vom Ministerium aber „keine zweckdienliche Auskunft“erhalten.
Die Nebentätigkeiten der Studiengangsleiter stellten in Bezug auf ihre hauptberufliche Tätigkeit im Innenministerium „sicher eine besondere Herausforderung dar, die es zu lösen gilt“, sagt Kumpitsch. Das Feedback von Studienabsolventen sei „durchaus positiv“, so der Abgeordnete, der hauptberuflich Polizist ist. Er wünscht sich jedoch „mehr Transparenz in Bezug auf die Nominierung der Fachhochschule Wiener Neustadt als Vertragspartner des Innenministeriums“.
Die Grünen kritisieren die Nebentätigkeiten der Beamten scharf. „Es ist komplett unrealistisch, dass Beamte in Spitzenfunktionen, in denen sie sicher mehr als 40 Stunden pro Woche arbeiten, nebenbei einen FH-Studiengang leiten“, sagt Wissenschaftssprecherin Sigi Maurer zum STANDARD. „Dieses zweifelhafte Arrangement kann der Qualität des Studienganges nicht dienlich sein.“Sie kündigt im Parlament eine weitere Anfrage an, um zu erfahren, „ob hier Steuergelder verschwendet werden“.