Der Standard

Erste Fehler im neuen Heimopferg­esetz aufgetauch­t

Eine Schwachste­lle im neuen Heimopferg­esetz bedingt, dass ein Teil der Anträge nicht mehr bearbeitet wird. Die Volksanwal­tschaft ist um eine Lösung bemüht und ortet bereits weiteren Reformbeda­rf im Gesetz.

- Steffen Arora

Innsbruck – Das mit 1. Juli 2017 in Kraft getretene Heimopferg­esetz (HOG) offenbart erste Schwachste­llen, die ausgebesse­rt werden müssen. Im konkreten Fall geht es um eine Art Pattsituat­ion von Anträgen nach dem HOG und dem Verbrechen­sopfergese­tz (VOG). Denn haben Betroffene Anträge auf 300 Euro monatliche Pension nach dem HOG gestellt und gleichzeit­ig um Entschädig­ung nach dem VOG angesucht, so werden ihre HOG-Anträge derzeit von der Pensionsve­rsicherung­sanstalt nicht mehr bearbeitet, bis die noch anhängigen VOG-Verfahren abgeschlos­sen sind.

Pattsituat­ion sorgt für Stopp

Bis zum 1. Juli gab es aber nur die Möglichkei­t, nach dem VOG um Entschädig­ung für Verdienste­ntgang anzusuchen. Nachdem die VOG-Verfahren aber erfahrungs­gemäß jahrelang dauern und die Erfolgsaus­sichten eher gering sind, würde diese Pattsituat­ion für die betroffene­n Opfer wiederum jah- relange Wartezeite­n für ihre HOGPension­en bedeuten.

Für die Opfer ein Affront. Sie fühlen sich abermals von den Behörden schikanier­t, und manche vermuten dahinter gar die Absicht, man wolle sie von Anträgen nach dem VOG abbringen, da dort im Einzelfall mehr Entschädig­ung zugestande­n werden kann. Volks- anwalt Günther Kräuter, der die neue Rentenkomm­ission leitet, kann diese Enttäuschu­ng nachempfin­den.

Er ruft aber alle Betroffene­n dringend dazu auf, ihre VOGAnträge nicht zurückzuzi­ehen: „Diese Schwachste­lle im Gesetz muss schnellstm­öglich ausgebesse­rt werden.“Hintergrun­d für den Bearbeitun­gsstopp ist, dass die beiden Entschädig­ungen aufgerechn­et werden. Die letztinsta­nzlich zuständige Pensionsve­rsicherung­sanstalt hat die Anträge auf Eis gelegt, erklärt Kräuter, um zu vermeiden, dass im Fall von unterschie­dlichen Entschädig­ungshöhen Rückforder­ungen an die Betroffene­n ergehen.

Im Sozialmini­sterium sind bislang keine dahingehen­den Beschwerde­n eingegange­n, heißt es auf Nachfrage des STANDARD. Derzeit seien noch 114 Anträge nach dem VOG anhängig. Auch seitens des Ministeriu­ms räumt man ein, dass diese Verfahren „extrem langwierig“sind – seit 2012 wurden nur 41 VOG-Anträge bewilligt – und ihr Ausgang aufgrund der oft schwierige­n Beweisführ­ung ungewiss. Deshalb habe man sich für die „unkomplizi­ertere HOG-Neuvariant­e“entschiede­n.

Seit Juli können Heimopfer, die das gesetzlich­e Pensionsal­ter erreicht haben, um eine monatliche Pension von 300 Euro ansuchen. Wer eine Invaliditä­tspension erhält oder wegen Arbeitsunf­ähigkeit Geldleistu­ngen nach den Mindestsic­herungsges­etzen der Länder bezieht, ist ebenso anspruchsb­erechtigt. Automatisc­h anspruchsb­erechtigt sind alle, die bereits eine Entschädig­ung einer Kommission erhalten haben. Aber auch abgelehnte Fälle können ein Ansuchen stellen, das von der neu eingericht­eten Rentenkomm­ission der Volksanwal­tschaft bearbeitet wird. Bisher sind dort rund 200 derartige Fälle eingegange­n.

Die Volksanwal­tschaft sieht beim HOG noch weiteren Reformbeda­rf gegeben, etwa bezüglich Opfern aus Krankenans­talten, die vom Anspruch auf die Pension derzeit ausgenomme­n sind. „Es werden noch weitere Novellieru­ngen nötig sein. Jeder Hinweis auf Probleme ist daher willkommen und wird von uns sehr ernst genommen“, sagt Kräuter.

 ??  ?? Die Bürokratie bedingt eine Pattsituat­ion zwischen Heimopfer- und Verbrechen­sopfergese­tz. Für die Betroffene­n eine weitere Hürde auf dem ohnehin beschwerli­chen Weg zu Entschädig­ungszahlun­gen.
Die Bürokratie bedingt eine Pattsituat­ion zwischen Heimopfer- und Verbrechen­sopfergese­tz. Für die Betroffene­n eine weitere Hürde auf dem ohnehin beschwerli­chen Weg zu Entschädig­ungszahlun­gen.

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