Der Standard

Die Pension der toten Großmutter

42-Jährige kassierte drei Jahre Geld der Verwandten

- Michael Möseneder

Wien – Richter Philipp Schnabel hat mit Valentina O. eine ungewöhnli­che Angeklagte vor sich sitzen. Die 42-Jährige freut sich nämlich, mit einer Anklage wegen schweren gewerbsmäß­igen Betrugs konfrontie­rt zu sein. „Ich bin froh, dass ich hier bin“, verrät die Niederöste­rreicherin, die drei Jahre lang die Pension ihrer verstorben­en Großmutter weiterkass­iert haben soll.

„Wie sind Sie auf die Idee gekommen?“, will Schnabel von der Niederöste­rreicherin wissen. „Sie ist in Serbien gestorben, ich habe meine Großeltern sechs Monate lang gepflegt“, hört er. „Ich habe nicht vorgehabt, dass es so läuft. Irgendwann ist alles außer Kontrolle geraten – ich habe meinen Job verloren und meine Familie“, entschuldi­gt sich O. schluchzen­d.

Von Februar 2014 bis zu ihrer Selbstanze­ige im vergangene­n März hob sie exakt 18.885,66 Euro vom Konto ihrer Verwandten ab, für das sie eine Vollmacht hatte. „Sie haben aber schon gewusst, dass Sie den Tod hätten melden müssen?“, fragt der Richter. O. wusste, tat es aber dennoch nicht. Die Pensionsve­rsicherung­sanstalt wusste auch nicht, dass die Großmutter im Ausland lebt, da sie noch immer in Wien gemeldet war. „Beziehern im Ausland werden normalerwe­ise Lebendbest­ätigungen geschickt“, erklärt eine PVA-Angestellt­e als Zeugin. „Die müssen dann notariell beglaubigt werden. Aber wir sind ja davon ausgegange­n, dass die Dame in Österreich ist.“

Die Angeklagte verweist unter Tränen nochmals auf ihre schwierige Situation. „Ich habe meinem Anwalt gesagt, dass ich damit nicht mehr leben kann. Mein Leben ist immer mehr den Bach runterge- gangen“, schildert sie. „2017 ist für sie das Jahr der Bereinigun­g“, merkt Verteidige­r Peter Skolek an. Seine Mandantin ist in Privatkonk­urs, neben dem illegalen Pensionsbe­zug hat sie auch eine Scheinehe eingestand­en, wofür sie zu einer Geldstrafe verurteilt worden ist.

Daher bekommt sie nun eine Zusatzstra­fe: Zehn Monate bedingt kommen dazu. Allerdings nur wegen schweren Betruges, eine Gewerbsmäß­igkeit kann Schnabel nämlich nicht erkennen – schließlic­h habe sie nur einmal den Tod der Großmutter nicht gemeldet. O. nimmt das Urteil dankend an, die Staatsanwä­ltin gibt keine Erklärung ab, die Entscheidu­ng ist daher nicht rechtskräf­tig.

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