Seifensieder – kein Geschäft für Schaumschläger
Junge Unternehmer verleihen dem alten Gewerbe der Seifensieder neuen Glanz. Ab Oktober ist es ein freies. Für Romantik ist jedoch kein Platz. Strenge Auflagen und hohe Kosten lassen so manchen Traum zerplatzen.
Wien – Eigentlich wollte sie Kräuterhexe werden. „Ich hatte die romantische Vorstellung eines kleinen Gartens in der Steiermark, in dem ich Lavendel und Rosenblüten anbaue und in meinem Häuschen zu Naturkosmetik verarbeite“, sagt Roya Hematyar. Statt Hexe im Grünen wurde sie Krankenschwester in Wien. An der Leidenschaft für Kräuter und Öle, für das Rühren, Formen und Tüfteln änderte sich – bestärkt von Freunden und Familie – nichts. Ihr Traum: Sich mit dem Sieden feiner Seifen Schritt für Schritt ein zweites berufliches Standbein aufzubauen.
Hematyar goss ihn in gewerbliche Strukturen und eignete sich in Kursen Kenntnisse über Auflagen und Richtlinien an. Sie investierte in eine Betriebsstätte am Rande Wiens, schuf die Marke Haut Sinn, knüpfte Kontakte zu kleinen Fachhändlern. Jede freie Minute wiegt sie nun Biorohstoffe wie Tussahseide, Avocadoöle, Hanf und Babassu ein, rührt heiße Lauge mit Milch oder Wasser an, schmilzt die Öle ein, mixt Gewürze, formt, schneidet, lagert und lässt reifen.
„Es macht mich glücklich“, sagt sie, „und ich bin überzeugt davon, dass dieser Weg der Produktion, auch der Verzicht auf Plastik, der richtige ist.“Ob es wirtschaftlich aufgeht, weiß sie nicht. Ein Jahr gibt sie sich Zeit, dann zieht sie Bilanz. Ihre Ersparnisse stecken in Haut Sinn, die Zeit an Arbeit dafür hat sie aufgehört zu zählen. Dass sie den Aufwand unterschätzt hat, gibt Hematyar offen zu.
Tausende Euro kostete die Ausbildung. Gewerbeanmeldung und Betriebsanlagengenehmigung verschlingen ebenso Geld wie die Zertifizierung. Jedes einzelne Produkt gehört dokumentiert, Sicherheitsdossiers sind oft halbe Ordner dick, von normaler Buchhaltung noch nicht zu reden. Biorohstoffe in kleiner Menge sind teuer, im Vertrieb schneidet der Handel mit.
Die laufenden Kosten seien höher als erwartet, das bürokratische Drumherum lasse für die eigentliche kreative Arbeit wenig Raum, sinniert die junge Seifensiederin. „Zu romantisch sollte man nicht veranlagt sein.“Wie es auch riskant sei, die unliebsame Bürokratie zu verdrängen. Im September startet sie einen kleinen Webshop, stationär ist sie bei Wiener Händlern wie dem Fachl, Sonnengrün und dem Greißler in der Albertgasse vertreten. „Wenn ich es nicht jetzt versuche, wann dann?“
Bald schon acht Jahre ist es her, dass die Stadlauer Seifensiederei schloss. Der Betrieb war der Letz- te seiner Art, der im größeren Stil Seifen und Waschmittel nach geheimen Rezepturen fertigte – die sich freilich nicht so ganz ins enge Korsett der wachsenden EU-Auflagen pressen lassen wollten.
Der Abgesang auf ein traditionelles Gewerbe ertönte. Synthetische Flüssigseife schien dem guten alten Seifenstück fast gänzlich das Wasser abzugraben. Doch es kam anders; Quer durch Österreich versucht eine wachsende Zahl kleiner Kosmetikhersteller ihr Glück. Allein in Wien sind es an die 150. Vor allem Seifensieder üben sich im Schwimmen gegen den Strom. Viele gehen dabei finanziell unter. Sonja Baldauf behielt jedoch Oberwasser.
Sie wollte einst Seifen der Stadlauer in der Schweiz vertreiben – der Tod des Firmenchefs ließ dies nicht zu. Mithilfe eines langjährigen Mitarbeiters setzte sie die Tradition vieler der Rezepturen fort, ließ sie zertifizieren, baute „tröpfchenweise ohne viel Geld für Marketing“einen treuen Kundenstock auf und erreichte den Schutz der