Der Standard

Licht in Koreas Dunkel

- Ronald Pohl

Ein verstörend­es Pressebild zeigt dieser Tage Kim Jong-un, den Potentaten Nordkoreas. Der kräftige junge Mann sitzt unter freiem Himmel auf einer Betonpiste. Kim, der gerne seidene Maßanzüge trägt und sich von seinen häufig unterernäh­rten Landsleute­n als „Oberster Führer“anreden lässt, betrachtet wohlgefäll­ig, wie sich eine Rakete mit flammendem Schweif gen Nippon erhebt.

Unter den Fachkräfte­n, die das Wähnen Kim Jong-uns uns Zentraleur­opäern zu erklären versuchen, finden sich üblicherwe­ise viele Dampfplaud­erer und Kaffeesudl­eser. Hingegen bedurfte es des Auftritts von Gerhard Mangott in der ZiB 2, um Licht ins fernöstlic­he Dunkel zu bringen. Um es kurz zu machen: Die Analyse des in Innsbruck lehrenden Wissenscha­fters war ein bestechend­es Beispiel für beredte Klugheit. Mangott war sich nicht zu gut dafür, einer gerne vernachläs­sigten Grundregel der politische­n Analytik Geltung zu verschaffe­n. Sie lautet: Wer primär handelt, um seine Mitwelt zu überrasche­n, muss darum noch kein ganzer Trottel sein. Der Politologe kümmerte sich daher nicht so sehr um Donald Trumps Fernost-Gezwitsche­r, sondern würdigte Kim Jong-uns Beweggründ­e einer ebenso eingehende­n wie tiefschürf­enden Betrachtun­g.

Mangott machte aus dem massigen Gewaltherr­scher keine Friedensta­ube. Aber er ließ durchblick­en, dass Trumps ursprüngli­cher Plan, mit Kim auf einen Hamburger zu gehen, nicht nur ernährungs­technisch Fragen aufwirft. Die Darlegunge­n des Politologe­n stimmten nicht unbedingt froh oder optimistis­ch. Aber Mangott löste die Rhetorik von Feuer und Zorn überzeugen­d in Luft auf. Armin Wolf fiel ihm dabei nicht einmal ins Wort. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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