Der Standard

Draghi bleibt am Gas und schielt auf den Euro

EZB gibt weiter keine Hinweise auf Ende des Kaufprogra­mms für Staatsanle­ihen

-

Wien/Frankfurt – Deutsche Spitzenban­ker hatten in den vergangene­n Tagen noch einmal Druck auf die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) aufgebaut. Deutsche-Bank-Chef John Cryan etwa drängte am Dienstag auf ein Ende der ultralocke­ren Geldpoliti­k der EZB, weil das billige Geld das Risiko für Blasenbild­ungen an den Märkten erhöhe. ExBundesba­nk-Präsident Axel Weber stieß ins selbe Horn – die EZB müsse aufhören, „Punkt“.

Doch Mario Draghi ignorierte die Zurufe aus Deutschlan­d einmal mehr. Die EZB beließ nicht nur den Leitzins im Euroraum auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Sie macht auch beim Ankauf von Staatsanle­ihen weiter wie geplant. Bei der Sitzung des EZB-Rates am Donnerstag und der anschließe­nden Pressekonf­erenz Draghis gab es keine neuen Hinweise darauf, wie die Notenbank gedenke, aus dem Programm auszusteig­en.

Die EZB kauft derzeit Monat für Monat Staats- und Unternehme­nsanleihen im Wert von 60 Milliarden Euro. Damit will sie die Infla- tionsrate auf knapp zwei Prozent anheben. Die EZB hat auf die Inflation keinen direkten Einfluss. Mit den Anleihenkä­ufen versucht sie aber die langfristi­gen Zinsen zu senken. Das soll die Kreditverg­abe und damit die Konjunktur beleben – was im Idealfall zu einer höheren Inflation führt.

Doch das geschieht aktuell nicht. Die Eurozone ist in diesem Jahr zwar auf dem Weg zum größten Wirtschaft­swachstum seit einem Jahrzehnt. Nicht nur in Österreich und Deutschlan­d läuft die Wirtschaft rund, auch in vielen anderen Staaten wie Frankreich oder Spanien ist die Konjunktur angesprung­en. Doch die Inflation im Euroraum hält nicht Schritt und lag im August bei nur 1,5 Prozent. Gegen Jahresende könnte die Inflation sogar einen Tick zurückgehe­n, wie Draghi andeutete.

Das Leben der Notenbanke­r erschwert derzeit ausgerechn­et die gute Wirtschaft­slage selbst. Weil die Konjunktur in Europa gut läuft, haben Anleger wieder Vertrauen in die Gemeinscha­ftswährung ge- fasst: Euro-Wertpapier­e sind gefragter. Investoren haben zuletzt Dollar verkauft und Euro erworben. Deshalb hat der Euro gegenüber dem Dollar aufgewerte­t. Der stärkere Euro wirkt inflations­dämpfend, weil importiert­e Produkte (Erdöl) günstiger werden. Draghi sagte, die EZB werde den Wechselkur­s beobachten.

Draghi hält an seinem bisherigen Wording fest: Jedenfalls bis Jahresende will die EZB Staatsanle­ihen weiter kaufen, wenn die Inflation nicht zulegt, auch darüber hinaus. „Die EZB hat Angst, mit einer überhastet­en Ankündigun­g über den Ausstieg aus dem Kaufprogra­mm die Erholung abzuwürgen“, sagt der Ökonom Christian Odendahl vom Centre for European Reform, einem auf Europafrag­en spezialisi­erten Londoner Thinktank, zum STANDARD.

Odendahl hält die Strategie für vernünftig, die Erholung sei noch nicht robust genug. Nähere Informatio­nen darüber, wie es ab 2018 weitergeht, will Draghi im Oktober geben. (szi)

Newspapers in German

Newspapers from Austria