Der Standard

Saudis rufen nach „regime change“– in Katar

Die USA drängen auf eine Lösung der Katar-Krise, die die Gespräche des Emirs von Kuwait bei dessen Besuch im Weißen Haus beherrscht­e. Aber saudische Lobbyisten rufen bereits nach „regime change“in Katar.

- Gudrun Harrer

ANALYSE: Washington/Wien – US-Präsident Donald Trump bot am Ende des Gesprächs seine Vermittler­künste an, die gewiss „schnell zu einem Deal“führen würden: Aber die Katar-Krise ist auch nach dem Besuch des Emirs von Kuwait in Washington nicht weniger komplex geworden.

Sheikh Sabah al-Ahmad al-Sabah (88) war am Donnerstag der erste Herrscher eines der Staaten des arabischen Golfkooper­ationsrats (GCC) im Weißen Haus. Der GCC ist inmitten seines ärgsten Zerwürfnis­ses seit seiner Gründung 1981, die als Aneinander­rücken der arabischen Staaten am Persischen Golf nach der islamische­n Revolution im Iran erfolgte. Auch heute geht es wieder, unter anderem, um die Beziehung der Golfaraber zum Iran. Katar hat seine vor kurzem normalisie­rt.

Strategisc­her Partner

Kuwait hat sich, gleich wie das GCC-Mitglied Oman, nicht den harschen Maßnahmen Saudi-Arabiens, der Vereinigte­n Arabischen Emirate (VAE) und Bahrains gegen das Emirat Katar angeschlos­sen. Anfang Juni hatten sich die drei Staaten gemeinsam mit Ägypten zu einer völligen Isolierung Katars entschloss­en. Sheikh Sabah versucht seitdem, eine Lö- sung zu finden – und auch die USA wollen, dass die Krise beigelegt wird, denn der GCC ist als Gesamtheit ein strategisc­her Partner der USA, nicht nur seine einzelnen Mitglieder.

Den Wunsch nach einer diplomatis­chen Lösung hat Trump in einem Telefonat dem saudischen König Salman bin Abdulaziz Al Saud jüngst wieder nahegebrac­ht. Bei Ausbruch der Krise klang das noch ganz anders, da brüstete sich Trump damit, Saudi-Arabien – das er kurz zuvor auf seiner ersten Auslandsre­ise besucht hatte – und dessen Partner zu den Maßnah- men gegen den „Terrorspon­sor“Katar veranlasst zu haben.

Trump hat demnach mitgeholfe­n, die Saudis, angeführt vom jungen und impulsiven Kronprinze­n Mohammed bin Salman, auf einen Baum zu treiben, von dem sie nur mehr schwer herunterko­mmen. Die Forderungs­liste von 13 Punkten – sie wurden inzwischen zu einem kürzeren Katalog eingedampf­t – bezeichnet­e der kuwaitisch­e Emir in Washington am Donnerstag als nicht zur Gänze erfüllbar; Katar sei jedoch zu Verhandlun­gen bereit. Wie weit, bleibt offen.

Sollte auch Riad wirklich an einer Deeskalati­on interessie­rt sein, so ist das zumindest noch nicht sichtbar. Die Sache hat inzwischen in den saudinahen Medien eine eigene Dynamik bekommen: Sie fühlten, dass sie nun die Lizenz haben, ungebremst auf Katar loszugehen, sagt Katar-Experte David Roberts vom King’s College in London zum STANDARD.

Es häufen sich auch die medialen Rufe nach „regime change“in Katar, wenngleich innerhalb der Herrscherf­amilie. Ins Spiel gebracht wird ein vorher relativ unbekannte­r, älterer Prinz: Vor der Hajj in Mekka, die vor wenigen Tagen zu Ende ging, hatte Abdullah bin Ali Al Thani mit den Saudis die Teilnahme von Pilgern aus Katar ausgehande­lt: Bilder zeigten ihn Hand in Hand mit König Salman in dessen Feriendomi­zil in Marokko. Abdullah kommt aus dem Zweig der Thani-Familie, der 1972 vom Großvater des heutigen Emirs weggeputsc­ht wurde. Damals war Katar noch ganz der Satelliten­staat, den sich Saudi-Arabien auch heute wieder wünscht.

Lobbyisten am Wort

Saudinahe Medien lassen immer öfter Personen zu Wort kommen, die dazu aufrufen, den jetzigen Emir Tamim bin Hamad durch Abdullah bin Ali zu ersetzen. Roberts sieht darin aber noch keinen koordinier­ten Aktionspla­n, die Bemühungen, Abdullah zu promoten, seien „wahrschein­lich ziemlich ad hoc“. Immerhin hat aber auch der Chef der saudischen Lobbyorgan­isation Saprac (Saudi American Public Relation Affairs Committee) in Washington die GCC-Staaten aufgeforde­rt, Abdullah als Emir anzuerkenn­en.

Am 14. September wird sich in London die – bisher ebenso wenig bekannte – katarische Opposition zu einer großen Konferenz treffen. Dort soll, so ein Sprecher, „die Stimme des katarische­n Bürgers“für die Welt hörbar gemacht werden. Gleichzeit­ig wird durch den Titel der Konferenz – „Globale Sicherheit und Stabilität“– die Bedrohung betont, die angeblich von Katar ausgeht. Man kann davon ausgehen, dass Saudi-Arabien die Konferenz mitbetreib­t, auf der unter anderem über Demokratie, Menschenre­chte und Pressefrei­heit gesprochen werden wird: Themen, die durchaus auch für die saudi-arabischen Bürger interessan­t wären.

 ??  ?? US-Präsident Donald Trump mit dem Emir von Kuwait, Sheikh Sabah, im Weißen Haus. Die USA und Kuwait verbinden seit dem Golfkrieg 1991 zur Befreiung Kuwaits vom Irak enge Beziehunge­n.
US-Präsident Donald Trump mit dem Emir von Kuwait, Sheikh Sabah, im Weißen Haus. Die USA und Kuwait verbinden seit dem Golfkrieg 1991 zur Befreiung Kuwaits vom Irak enge Beziehunge­n.

Newspapers in German

Newspapers from Austria