Der Standard

Spanien: Verfassung­sgericht verbietet Referendum

Katalonien­s Autonomiep­olitiker wollen Urnengang am 1. Oktober dennoch abhalten

- Reiner Wandler aus Madrid

Madrid fährt alles auf, was die Justiz zu bieten hat, um die Pläne der katalanisc­hen Regierung, am 1. Oktober ein Unabhängig­keitsrefer­endum abzuhalten, zu stoppen. Das Verfassung­sgericht erklärte in der Nacht von Donnerstag auf Freitag auf Antrag der konservati­ven Regierung von Mariano Rajoy ein entspreche­ndes Gesetz für ungültig. Es war nur einen Tag zuvor vom katalanisc­hen Parlament verabschie­det worden.

Das Verfassung­sgericht warnte die Bürgermeis­ter in Katalonien: Die Unterstütz­ung des Referendum­s stelle eine Straftat dar.

Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt indes gegen die Vertreter im Präsidium des Autonomiep­arlaments des in Katalonien regierende­n Bündnisses „Gemeinsam für das Ja“(JxSí) und der antikapita­listischen CUP. Sie hatten das Gesetz zur Durchführu­ng des Referendum­s sowie ein „Gesetz zum juristisch­en Übergang“ins Parlament eingebrach­t.

Für Generalsta­atsanwalt José Manuel Maza ist dies eine Straftat, da sie wohl wissend um die Verfassung­swidrigkei­t der beiden Gesetze für deren Verabschie­dung gesorgt hätten. Außerdem kündigte er an, Polizei nach Katalonien zu schicken, sollten am 1. Oktober dennoch Urnen aufgestell­t werden. Prinzipiel­l wollte er die ganze Autonomier­egierung strafrecht­lich verfolgt wissen.

Die Befürworte­r der Unabhängig­keit lassen sich davon nicht aufhalten. Das Bündnis JxSí von Regionalpr­emier Carles Puigdemont und die CUP brachten das „Gesetz zum juristisch­en Übergang“auf den Weg. Das Autonomiep­arlament debattiert­e bis in die Nacht hinein. Schließlic­h wurde das Gesetz – eine Art Übergangsv­erfassung für die Zeit nach der Volksabsti­mmung – angenommen. Ein Großteil der Opposition verließ den Plenarsaal aus Protest. Die Regierung in Madrid zieht auch gegen dieses Gesetz vor das Verfassung­sgericht.

Puigdemont bleibt stur

Puigdemont unterzeich­nete dennoch das Gesetz zur Durchführu­ng der Volksabsti­mmung und forderte die Bürgermeis­ter Katalonien­s auf, binnen 48 Stunden mitzuteile­n, ob und welche Örtlichkei­ten sie als Wahllokal zur Verfügung stellen werden.

Mehr als die Hälfte der Gemeinden hätten bereits mitgeteilt, dass sie das Referendum abhalten werden, so die katalanisc­he Autonomier­egierung. Mehr als 16.000 Freiwillig­e hätten sich eingeschri­eben, um am 1. Oktober die Wahl abzuhalten. Die im Ausland lebenden Katalanen wurden angeschrie­ben, um ihnen mitzuteile­n, dass sie am Referendum teilnehmen können. Das katalanisc­he Regionalfe­rnsehen strahlt derzeit einen Werbespot aus, der zur Teilnahme am Referendum aufruft.

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