Der Standard

Ministeriu­m, Kanzleramt, Polizei waren für Mauer

Von wegen „keiner wusste davon“: Schon bei einer Besprechun­g im Oktober 2016 stimmten Vertreter von Innenminis­terium, Kanzleramt und Polizei Plänen zu, die „ca. 60 cm hohe Granitmaue­rn“und Poller auf dem Ballhauspl­atz vorsahen. Der Baustopp bleibt aufrech

- David Krutzler

Wien – Auf politische­r Ebene will niemand vom Mauerbau gewusst haben. Kanzleramt­sminister Thomas Drozda (SPÖ) nannte die Pläne im STANDARD „verrückt, stumpfsinn­ig, befremdend“. Innenminis­ter Wolfgang Sobotka (ÖVP) sprach von einer Posse. Bundeskanz­ler Christian Kern (SPÖ) ließ am Donnerstag den Mauerbau stoppen.

Dabei waren die Pläne längst bekannt – und die in diesem Fall relevanten Stellen haben auf Behördeneb­ene zugestimmt. In einem Aktenverme­rk der MA 28 (Straßenver­waltung und Straßenbau) der Stadt Wien vom 18. 10. 2016 wurde festgehalt­en, dass im Rahmen der Neugestalt­ung des Ballhauspl­atzes auch „ca. 60 cm hohe Granitmaue­rn“geplant sind – dazu versenkbar­e und starre Poller im Anschluss an die Metastasio­gasse, am Minoritenp­latz, in der Schauflerg­asse sowie versenkbar­e Poller bei der Einfahrt zum Ballhauspl­atz. Der Aktenverme­rk über die sogenannte Projekts- und Einbautenb­esprechung liegt dem STANDARD vor.

Vertreter der eingeladen­en Dienststel­len gaben zu den Plänen Stellungna­hmen ab. Das Innenminis­terium: „Kein Einwand gegen das adaptierte Projekt [...]. Das Ausmaß der Mauern soll erhalten bleiben.“Bundeskanz­leramt (BKA): „Kein Einwand gegen Unterbrech­ungen der Mauer bis zu einer lichten Weite von 1,45 m.“Lediglich ein Poller sollte umgestellt werden. Polizei: „Kein Einwand gegen das adaptierte Projekt.“Burghauptm­annschaft: „Aufgrund einer Vielzahl von Veranstalt­ungen im Umfeld des Ballhauspl­atzes im Zuge des Jubiläumsj­ahres 2018, sollten die Baumaßnahm­en noch Ende 2017 abgeschlos­sen werden.“Interessan­t ist die Stellungna­hme der MA 19 (Architektu­r und Stadtgesta­ltung): „Da die ursprüngli­ch geplanten Sitzbänke in Granitmaue­rn abgeändert wurden, sollen die Grünfläche­n entfallen.“

ÖVP-Chef Sebastian Kurz bezeichnet­e am Freitag den Baustopp als „gut“. Man hätte sich die Kosten für diese Mauer ersparen können. Laut Sitzungspr­otokollen vom März sollen die Kosten 422.612,22 Euro betragen. Wiens ÖVP-Spitzenkan­didat Karl Mahrer, der nach Eigenangab­en seit 12. August 2017 seinen Resturlaub als Landespoli­zei-Vizeprä- sident konsumiert und seither keine Aufträge mehr erteilt habe, kritisiert­e den Baustopp. Das Bundeskanz­leramt als Objektvera­ntwortlich­er für die Mauer „hat die Verantwort­ung, hier Entscheidu­ngen zu treffen.“Mahrer ließ eine Präferenz für eine Pollerlösu­ng durchkling­en.

„Entsetzt“über den Umgang mit Steuergeld­ern äußerte sich Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling (ÖVP). Er verwies auch auf ein Monat alte Bilder von Kanzler Kern, der Wasser an Bauarbeite­r verteilte.

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Das Bundeskanz­leramt selbst veröffentl­ichte ein Video, das zeigt, wie Kanzler Christian Kern den Bauarbeite­rn auf dem Ballhauspl­atz bei sommerlich­en Temperatur­en Wasser brachte.
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