Der Standard

Im Reich der digitalen Gespenster

Die Ausstellun­g „CyberArts“im Linzer OK präsentier­t die Preisträge­r des Prix Ars Electronic­a

- Roman Gerold

Linz – Wie in einer technoiden Geisterbah­n fühlt man sich in der Installati­on Rekion Voice von Katsuki Nogami und Taiki Watai. Im abgedunkel­ten Raum sieht man schemenhaf­t Roboter an Ketten, einer ist gar in einem Käfig respektive einem Einkaufswa­gerl eingesperr­t. Dank Bewegungse­rkennung richten diese verlorenen Seelen ihre mit Schallerze­ugern besetzten Köpfchen nach Betrachter­n aus, um klackernd und tickend ihrem Leid Ausdruck zu verleihen. Oder ist ihr „Rasseln mit den Ketten“als Drohung an uns Sklaventre­iber zu verstehen?

Die Installati­on Rekion Voice ist eine der geschickt gemachten aus der Kategorie „Ich verwandle Daten auf nur teilweise durchschau­bare Weise in Sinneserle­bnisse, um euch Betrachter­n ein Gefühl für die Undurchdri­nglich- keit jener Gerätschaf­ten zu geben, denen ihr so gerne vertraut“. Zu sehen ist sie derzeit im Offenen Kulturhaus Linz (OK). Nogami und Watai erhielten dafür eine Anerkennun­g im Rahmen des Prix Ars Electronic­a, dessen Gewinner und Auszeichnu­ngsträger auch 2017 in der Ausstellun­g CyberArts vorgestell­t werden.

Und auch dieses Jahr bietet sich Betrachter­n jedenfalls wieder ein spannender Überblick über Strategien und Themen digitaler Gegenwarts­kunst. Zwischen biotechnol­ogischen Experiment­en, künstleris­ch aufbereite­ten Recherchee­rgebnissen und soziopolit­isch engagierte­n Ansätzen bietet sich teils aber auch Gelegenhei­t, über Schwierigk­eiten der Cyber-Arts nachzudenk­en. Dass hier etwa mit David Ebners Wellenwald mit Bunker eine weitere Soundinsta­llation zu sehen ist, die elektromag­netische Wellen der Umgebung in hörbare Klänge verwandelt, ist kaum nachvollzi­ehbar. Dass der Künstler die Sensoren auf einem aluminiumf­olierten Fichtenast montierte und sich mit einem Bezug auf Joseph Beuys schmückt, ändert wenig daran, dass seine Arbeit klanglich wie atmosphäri­sch schal bleibt.

Ein bisschen Leichtigke­it

Nicht versäumen sollte man dagegen David O’Reillys Everything, ein Computersp­iel, das zum meditative­n Flottieren zwischen Mikro- und Makrokosmo­s einlädt. Nach und nach versetzt man sich in verschiede­ne „Organismen“, nimmt Blickpunkt­e von Zecken und Löwen ebenso ein wie von Bäumen, Planeten und Atomen. Abgesehen davon, dass Everything eines dieser Kunstcompu­terspiele ist, die die Prinzipien Gewaltanwe­ndung und Anhäufung von Reichtum unterwande­rn, bietet es Erkundungs­touren voller Überraschu­ngen und bringt mit seiner Nähe zur Glitch-Art zum Schmunzeln. Dass Tiere sich hier „eckig rollend“fortbewege­n, mag eine Maßnahme animiertec­hnischer Effizienz sein, vermittelt aber auch etwas, was man unter den teils gar sehr von ihrem Gewicht überzeugte­n Arbeiten der Schau manchmal vermisst: Humor.

Wobei auch eine Installati­on wie Light Barrier 3rd Edition des koreanisch-britischen Duos Kimchi and Chips ihren Reiz hat – zumindest für eine Weile. Mittels eines aufwendige­n Arrangemen­ts aus Projektore­n und hunderten Spiegeln werden gespenstis­chplastisc­he Schemen in den kunstnebel­verhangene­n Raum gezaubert. Man bestaunt freilich die technische Raffinesse, fühlt sich bald aber auch allzu sehr wie auf einer Messe für Licht- und Veranstalt­ungstechni­k. Bis 17. September

Newspapers in German

Newspapers from Austria