Der Standard

Mit Karacho in den Stillstand

- Astrid Ebenführer

Da will man nichts anderes als endlich nach Hause, und dann das. Ein Wasserrohr­bruch sorgt für einen kilometerl­angen Stau. Da geht gar nichts mehr, es gibt kein Entrinnen, keinen Ausweg. Die Nerven liegen blank, die Betroffene­n reagieren unterschie­dlich. Es herrscht Wut, Aggression, bei manchen Resiginati­on. Was alle eint: Sie wollen raus aus dieser Verkehrshö­lle und endlich weiterund ankommen in ihrem gewohnten Alltag.

Vor diesem aufgeheizt­en Hintergrun­d bekommen es die Kommissare Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare) im neuen Tatort aus Stuttgart (Sonntag, 20.15 Uhr, ARD, ORF 2) mit einem tödlichen Unfall inklusive Fahrerfluc­ht zu tun. Opfer ist ein 14-jähriges Mädchen. Der einzige Zeuge des Unfalls ist ein Dreijährig­er, die einzige Straße, die vom Tatort weg- führt, mündet direkt in den Stau. Irgendwo mittendrin in dieser endlosen Autokolonn­e muss der Unfalllenk­er sein.

Lannert und Bootz sammeln Aussagen, sichern Spuren. Sie treffen auf eine überforder­te Mutter mit vorpuberti­erender Tochter, ein keppelndes Ehepaar kurz vor der Trennung, einen matschkern­den Pensionist­en, einen seltsamen Anwalt, eine dauertelef­onierende Geschäftsf­rau. Die Gespräche finden im Innenraum der Autos statt. Es ist finster, es ist kalt, es ist eng, und die Zeit drängt. Denn irgendwann wird sich auch dieser Stau auflösen und mit ihm die Spur zum Täter.

Gekonnt spielt Regisseur und Autor Dietrich Brüggemann mit dieser klaustroph­obischen Stimmung. Dieser Fall ist kein Actionkrim­i, vielmehr ein ruhig inszeniert­es, spannendes Kammerspie­l, das seinen Protagonis­ten trotz aller Enge genug Raum gibt. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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