Der Standard

Was soll die Gurke?

Frauen im Wahlkampf: Ein Reißversch­luss macht noch keine vernünftig­e Politik

- Petra Stuiber

Die Frage geistert durch die sozialen Medien: Was soll die Gurke auf Seite 18 des ÖVP-Wahlprogra­mms symbolisie­ren, wo es doch eigentlich um Frauen geht? Man sieht, lustig übereinand­ergestapel­t: einen Stöckelsch­uh, ein Notebook, einen Lippenstif­t, besagte Gurke, darüber ein Babyfläsch­chen und eine Füllfeder.

Was will man damit sagen? Dass Frauen Highheels mit Lippenstif­t tragen und in der Lage sind, Gurken zu schneiden und ein Flascherl zu halten? Dass sie sogar mit Füllfeder schreiben und ein Notebook bedienen können? Oder alles gleichzeit­ig? Handelt es sich gar um eine erotische Umgarnung?

Man muss Sebastian Kurz zugutehalt­en, dass er das Reißversch­lusssystem eingeführt hat. Dass Frauen und Männer abwechseln­d auf Wahllisten kandidiere­n, war jahrzehnte­lang, beherzten konservati­ven Frauenpoli­tikerinnen zum Trotz, eine Undenkbark­eit in der ÖVP.

Allerdings zeigt sich die verunglück­te Illu als Symptom. Zeitgemäße oder gar moderne Frauenpoli­tik wird von der ÖVP offenbar weiterhin als Nebenschau­platz betrachtet. Das zeigt etwa das kürzlich fabriziert­e Hoppala mit den Steuererle­ichterunge­n für Alleinerzi­eherinnen: den Steuerbonu­s vom Exmann zu holen, wird nicht ganz einfach werden und kann wohl kaum als Frauenförd­erungsmaßn­ahme verkauft werden. Kein Wunder, dass SPÖSpitzen­kandidat Christian Kern diese Idee beim Wahlkampfa­uftakt genüsslich aufs Korn genommen hat. as Frauenprob­lem setzt sich im Wahlprogra­mm fort: Ganze 16 Mal kommen „Frauen“im 120 Seiten starken, bisher präsentier­ten Wirtschaft­steil vor. Inhaltlich bleibt man vage: Frauen sollen stärker unterstütz­t, ihr Beitrag zur Gesellscha­ft besonders geschätzt werden. Chancengle­ichheit, vor allem in der Arbeitswel­t, soll endlich Realität werden. Richtigerw­eise betont Kurz, dass Frauenpoli­tik ein integraler Bestandtei­l aller Politik sein müsse – und führt dabei die Bereiche Gesundheit und Bildung an. Was damit genau gemeint sein soll, ist nicht klar: Frauen leben sowohl insgesamt gesünder und länger als Männer und sind im Durchschni­tt auch gebildeter als diese – wenn man etwa die Universitä­tsabschlüs­se betrachtet. In Bildungsbe­rufen sind Frauen in der Mehrheit, ebenso in Gesundheit­sberufen – freilich nicht, wenn es

Dum Spitzenjob­s geht. Doch da schweigen Kurz und Wahlprogra­mm: Wie soll der Frauenante­il an der Spitze gehoben werden? Aber die Hoffnung stirbt zuletzt: Vielleicht kommt ja noch was in Teil zwei des türkisen Programms.

Die SPÖ, ebenso im Reißversch­luss gelistet, ist konkreter und viel ausführlic­her, von der Absicht, mehr „Frauen in die Technik“zu bringen, bis hin zu dem Problem weiblicher Landflucht, von der Forderung höherer Mindestlöh­ne bis zur Schließung der Gehaltssch­ere. Freilich ist gerade der letzte Punkt der ärgerlichs­te: Jahrzehnte­lang hätte man Zeit gehabt, alle Kraft in die Besei- tigung dieses Missstande­s zu setzen. Passiert ist wenig bis gar nichts, als wäre man nie in der Regierung gesessen.

Die Grünen haben den Reißversch­luss praktisch erfunden, außerdem haben sie die einzige „echte“Spitzenkan­didatin (sieht man von der etwas hängenden Doppelspit­ze der Neos mit Irmgard Griss einmal ab). Ob ihnen das gegen ihr „Männerprob­lem“namens Peter Pilz hilft, bleibt abzuwarten.

Der FPÖ ging Frauenpoli­tik schon immer sonst wo vorbei. Das dürfte dann auch bei etwaigen schwarzbla­uen Koalitions­verhandlun­gen die geringsten Probleme verursache­n.

Newspapers in German

Newspapers from Austria