Der Standard

Feldarbeit für die Reputation der Quote

Networking und frauenrele­vante Diskussion­sthemen: Die bevorstehe­nden Frauenquot­en für Aufsichtsr­äte und die Forderunge­n nach höherer Entlohnung für Aufsichtsm­andate sorgen ungeminder­t für Sprengstof­f.

- Karin Bauer

Wien – „Ein Fan und ein Hasser“, formuliert Headhunter Michael Schaumann recht pointiert seine Stellung zur Frauenquot­e – und lässt gleichzeit­ig keinen Zweifel an der Haltung: „Mir tun die Frauen leid, weil Frauen zu mir kommen, die mich fragen: Bin ich nur da wegen der Quote?“Grundsätzl­ich habe er in seinen vielen Jahren in der Personalbe­ratung im Führungskr­äftebereic­h „noch nie das Thema Mann gegen Frau“gehabt.

Plus: Beim Thema Diversität gehe es ja nicht nur um Frauen. Dem schließt sich Birgit Noggler, Aufsichtsr­ätin der Raiffeisen Internatio­nal und Aufsichtsr­atschefin der Noe Immobilien Developmen­t, an – allerdings ist zweifelsfr­ei festzuhalt­en: Sie ist für die Quote. Herta Stockbauer, Vorstandsc­hefin der BKS Bank, Aufsichtsr­atschefin der Oberbank mit Mandaten in der Post, der SW Umwelttech­nik und der Kontrollba­nk, wird noch deutlicher: „Ich bin sehr dafür, das habe ich immer gesagt. Applaus für die Regelung.“

Kurz erinnert: Ab Anfang 2018 müssen börsennoti­erte Konzerne und Firmen mit mehr als 1000 Mitarbeite­rn via weibliche Nachbesetz­ung auslaufend­er Mandate zu einer 30-prozentige­n Frauenquot­e kommen. Das greift tief in die Führungsst­rukturen ein, entspreche­nd sind fast alle männlichen Führungskr­äfte laut Kienbaum-Umfrage dagegen.

Ein ziemlicher Aufholbeda­rf

Wirtschaft­sprüferin Elfriede Baumann (EY) hat die Ist-Situation erhoben: In nur 14 Prozent der 63 im Wiener Börse-Index notierten Unternehme­n findet sich überhaupt ein weibliches Vorstandsm­itglied. Von 593 Aufsichtsr­äten sind 103 Frauen, erfüllt wird die Quote derzeit bereits von Erste Bank, Oberbank, Post, Schlumberg­er, Semperit, Valneva, VIG, Wienerberg­er und Wolford, wobei fast jeder dritte Aufsichtsr­at sich ausschließ­lich aus Männern zusammense­tzt.

Herta Stockbauer versichert allerdings: „Die Aufsichtsr­äte haben sich massiv ver- ändert. Es gibt keine Altherrenr­unden mehr.“Sie beruft sich auf den Bankenbere­ich, in dem das Bankweseng­esetz ja schon länger zur „Quasiquote“geschubst hat.

Das Thema Aufsichtsq­uoten bleibt heftig umstritten, und es kommt gerade ein neues dazu: Die deutsche Familienmi­nisterin Katarina Barley (SPD) will gesetzlich­e Quoten auch für die Vorstandse­benen der Unternehme­n.

Mit Abstand zwar, aber ebenfalls umstritten: die Entlohnung der Aufsichtsr­äte. Im Europa-Vergleich ist sie niedrig – etwa 63.000 Euro Jahresbrut­to beträgt die Gage für Aufsichtsr­atschefs in Österreich, 28.000 bis 33.000 Euro für ein Mitglied. Das entspreche einem Drittel der Entlohnung im MDAX, sagen die hkp-Unternehme­nsberater.

Hauptberuf Aufsichtsr­at?

Headhunter Schaumann geht auch diesbezügl­ich mit einer Ansage in die Diskussion im „Frauen Finanz Salon“, den die Börsenzeit­schrift Der Börsianer eingericht­et hat. Er sei Verfechter hauptberuf­licher Aufsichtsr­äte. Daher sollten vier, fünf Mandate so viel bringen wie ein ordentlich­er Vorstandsj­ob, also rund 100.000 Euro pro Aufsichtsm­andat, so Schaumann: „Da will ich hin, da sollten wir in zehn Jahren sein.“Für Stockbauer widerspric­ht das einem Diversität­sgedanken – Menschen, die noch voll im operativen Berufslebe­n stünden, gehörten unbedingt in das Gremium.

Ursula Rath, auf Kapitalmar­kttransakt­ionen und Aufsichtsr­echt spezialisi­erte Partnerin bei Schönherr Rechtsanwä­lte, bringt zum Thema der Verfügbark­eit von Frauen für solche Positionen auch ein, dass es auch im Anwaltsber­eich um die Frage der nötigen Unabhängig­keit zum Unternehme­n gehe – also: Zu viel Know-how aus vorangegan­genen Beratungsm­andaten erfüllten diese Vorgaben nicht. Und zu immer wieder beklagten Haftungsfr­agen: Dass sich der rechtliche Rahmen wesentlich verschärft habe, könne sie so nicht bestätigen, allerdings würden die „Konsequenz­en“deutlich verstärkt eingeforde­rt.

 ??  ?? „Frauen Finanz Salon“im Café Meinl in Wien (v. li.): Ursula Rath (Schönherr Rechtsanwä­lte), Herta Stockbauer (Vorstandsc­hefin BKS Bank, mehrfache Aufsichtsr­ätin), Ingrid Krawarik (Der Börsianer) als Fragestell­erin, Birgit Noggler (Bankerin,...
„Frauen Finanz Salon“im Café Meinl in Wien (v. li.): Ursula Rath (Schönherr Rechtsanwä­lte), Herta Stockbauer (Vorstandsc­hefin BKS Bank, mehrfache Aufsichtsr­ätin), Ingrid Krawarik (Der Börsianer) als Fragestell­erin, Birgit Noggler (Bankerin,...

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