Der Standard

Schwarzer Alleingang: Denkbar und unwahrsche­inlich

-

Ungewöhnli­ch, aber nicht undenkbar ist eine schwarze Minderheit­sregierung. Ein Gedankensp­iel, an dem ÖVP-Chef Sebastian Kurz Gefallen finden könnte. Ein Kabinett mit unabhängig­en Experten als Minister wäre eine Spielart.

Voraussetz­ung dafür ist, dass die ÖVP mehr als 40 Prozent der Stimmen erhält, um dann mit wechselnde­n Mehrheiten ihr Programm durchbring­en zu können. Eine Minderheit­sregierung gab es in Österreich erst einmal. Das Liebäugeln damit gehört aber beinahe zu jedem Wahlkampf dazu.

1970 holte Bruno Kreisky mit der SPÖ 48,4 Prozent; die ÖVP, die zuvor allein regierte, fiel auf 44,7 Prozent zurück. Kreisky dealte für das demokratis­che Experiment mit den Freiheitli­chen, die damals bei 5,5 Prozent lagen. Er sicherte sich vorab die blauen Stimmen für sein Budget, im Gegenzug versprach er der damaligen Kleinparte­i eine Wahlrechts­reform. Die Taktik ging auf: Bei den vorgezogen­en Neuwahlen 1971 erreichte die SPÖ 50 Prozent und stellte bis 1983 eine Alleinregi­erung.

Politikwis­senschafte­r Laurenz EnnserJede­nastik schreibt in seinem Blog auf der Standard.at, dass eine Minderheit­sregierung unwahrsche­inlich ist. Die unterstütz­ende Partei müsste auf Ministerpo­sten verzichten. Hier zeige die Geschichte, dass Parteien eher dazu bereit seien, inhaltlich­e Kompromiss­e einzugehen, als auf Macht zu verzichten. (mte) pderStanda­rd. at/Inland

Newspapers in German

Newspapers from Austria