Der Standard

KOPF DES TAGES

Zwischen Hosen, Blusen und Flugzeugen

- Birgit Baumann

Im November wird Hans Rudolf Wöhrl 70 Jahre alt. Andere mögen in dieser Lebensphas­e an die Pension denken, der Modeuntern­ehmer aus Nürnberg plant Größeres: Er will die insolvente Fluglinie Air Berlin übernehmen und hat nun 500 Millionen Euro geboten.

Ein PR-Coup, mutmaßen viele, schließlic­h erscheint demnächst auch die Autobiogra­fie des umtriebige­n Geschäftsm­annes. Andere sehen darin durchaus eine echte Chance für die Airline. Denn Wöhrl ist kein Newcomer im Fluggeschä­ft, zudem würde er mit einer Fluggesell­schaft zu tun haben, die in anderer Form schon Teil seines Lebens war.

Begonnen jedoch hat alles ganz anders: mit Knöpfen, Reißversch­lüssen und Zwirnen, die Wöhrls Eltern in ihrem Modehaus in Nürnberg verkauften. Der Bub ist fasziniert von dieser Welt, faltet in seiner Freizeit Kartons und empfindet den Verkauf von Socken als die „Kür“im Modebusine­ss.

„Für mich war das auf jeden Fall toll und hundertmal schöner als Fußball“, erinnert er sich. Nach der Ausbildung zum Einzelhand­elskaufman­n übernehmen er und sein Bruder 1970 den Laden und bauen ihn zu einer der führenden Modeketten (Wöhrl) aus.

Doch Wöhrl hat schon bald ein zweites großes Interesse: die Fliegerei. Als Kind darf er in einem Segelflugz­eug mitfliegen, danach baut er Tragfläche­n und springt in Sandgruben.

Er macht mit 18 Jahren seinen Flugschein, entscheide­t sich zunächst aber für Mode. Denn: „Am Fliegen hängt zwar mein Herz, aber das Unternehme­rtum liegt mir im Blut.“

Doch 1974 gründet Wöhrl die regionale Fluggesell­schaft Nürnberger Flugdienst (NFD), zunächst sitzt er selbst im Cockpit. 1992 verschmilz­t sein „Baby“mit einer regionalen Fluggesell­schaft aus Düsseldorf zu Eurowings, Wöhrl verkauft seine Anteile und fliegt zunächst nur noch privat.

2003 geht er wieder auf Shoppingto­ur und kauft für einen symbolisch­en Euro die kränkelnde deutsche Tochter von British Airways und saniert sie. 2006 verkauft er die dba an Air Berlin, ein Jahr später auch den Ferienflie­ger LTU, an dem er zeitweise die Mehrheit hält.

Bekäme Wöhrl den Zuschlag bei Air Berlin, träfe er vielleicht einige alte Bekannte. Den Vorwurf, er kaufe billig ein und sei nur am Gewinn beim Verkauf interessie­rt, kontert er so: „Ich bin ziemlich emotional, aber ich bin auch Realist.“Verheirate­t ist der fünffache Vater mit der CSU-Politikeri­n Dagmar Wöhrl. Kennengele­rnt hat er sie im Flugzeug.

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Foto: Picturedes­k / Action Press Nürnberger Unternehme­r Hans Rudolf Wöhrl will Air Berlin kaufen.

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