Ex-Chef gegen Staatsholding
Mitterbauer und Wolf sollen Verfahren beitreten – Vergleich stockt
Im Prozess von Ex-ÖIAG-Vorstand Rudolf Kemler gegen die Staatsholding Öbib sollen nun Ex-Aufsichtsräte involviert werden.
Wien – Der Gerichtsstreit zwischen der staatlichen Österreichischen Bundes- und Industriebeteiligungen GmbH Öbib (bis März 2015: ÖIAG) und ihrem vormaligen Chef Rudolf Kemler zieht weitere Kreise in Richtung Ex-Aufsichtsratschefs. Die Öbib wurde ja von Kemler auf Zahlung von 249.000 Euro geklagt und stellt ihrerseits Schadenersatzansprüche gegen den Ex-Chef in den Raum. Kemler argumentiert seine 2016 beim Handelsgericht Wien eingebrachte Klage mit Ansprüchen aus der Auflösung seines Vertrags. Bestellt wurde der heutige Berater 2012 unter ÖIAGAufsichtsratschef Peter Mitterbauer, gegangen ist er rund 3,5 Jahre später. Kemler beruft sich auf Ansprüche aus einer Auflösungsvereinbarung, die unter ÖIAG-Aufsichtsratschef Siegfried Wolf geschlossen worden sei.
Den beiden Ex-Aufsichtsratschefs hat die Öbib nun den Streit verkündet, Mitterbauer und Wolf also eingeladen, sich dem Prozess als Nebenintervenienten anzuschließen. Einschub zur Rolle von Nebenintervenienten: Als „Streithelfer“unterstützen sie jenen Prozessbeteiligten, an dessen Obsiegen sie rechtliches Interesse haben. Nebenintervenienten können eigene Beweismittel vorlegen und Rechtsmittel einbringen, die Entscheidung des Gerichts und ihre Folgen gelten dann auch für sie. Wichtig ist das vor allem, wenn der Prozessverlierer vom Gericht zu Schadenersatzzahlungen verdonnert wird – in diesem Fall kann er sich beim Nebenintervenienten regressieren.
Ob sich Mitterbauer und Wolf dem Verfahren Kemler vs. Öbib anschließen, ist derzeit noch offen. Mitterbauer war am Dienstag nicht zu erreichen, und Wolf hielt sich im Ausland auf. Die Streitverkündigung (die vom Gericht zugestellt wird) kenne er noch nicht, wie er dem STANDARD sagte. Die Frage, ob er der Öbib als Streithelfer zur Seite springen werde, könne er daher nicht beantworten. Wolf ordnet die Causa offenbar politisch ein, erklärt er doch, dass er sich „relativ wenig für österreichische Politik interessiert“.
In der Sache selbst wird es am Freitag wieder spannend, da findet die nächste Verhandlung statt. Seit der jüngsten Tagsatzung vor einem Jahr haben Kemler und Öbib Vergleichsgespräche geführt – geeinigt hat man sich aber nicht. Dem Vernehmen nach hat die Öbib Kemler rund 100.000 Euro angeboten, was selbigem zu wenig ist.
Die 100.000 Euro entsprechen dem Betrag, den Kemler unter dem Titel Urlaubsabfindung für 53 nicht konsumierte Urlaubstage geltend gemacht hat. Die zweite Tranche seiner Klage – 148.100 Euro – begründet er, wie berichtet, mit einer Einmalzahlung in die Pensionskasse, die ihm Mitterbauer 2012 mündlich versprochen habe, für den Zeitpunkt seiner Vertragsbeendigung.
Störende Schablone
Hintergrund: Kemler hätte eigentlich mehr als 500.000 Euro im Jahr verdienen sollen, sein Bruttogehalt wurde dann aber mit 497.000 Euro fixiert, weil kurz zuvor die Begrenzung der Jahresgehälter von Managern staatsnaher Betriebe mit 500.000 Euro verkündet wurde („Vertragsschablone“). Mitterbauer habe Kemler daher zusätzlich 49.700 Euro pro Jahr versprochen, heißt es in der Klage. Sollte es so gewesen sein, wäre das ein nichtiger Umgehungsvertrag, argumentieren die Öbib-Anwälte. Sie bestreiten auch Kemlers Urlaubsansprüche, er habe seinen Urlaub „in natura konsumiert“.
Sollte es nicht doch noch zu einem Vergleich kommen, könnten die Gerichtstermine spannend werden. Die Öbib will ja Kemlers Forderungen mit Schadenersatzforderungen gegenrechnen. Die Rede ist unter anderem von zu hohen Bonifikationsregeln für Mitarbeiter, Kemler habe den Grundsatz der Sparsamkeit verletzt. Was sein Anwalt Michael Enzinger mit dem Argument zurückgewiesen hat, es seien „alte Zusagen zu erfüllen“gewesen.