Der Standard

AC Milan sucht den Glanz

Das einstige Steckenpfe­rd von Silvio Berlusconi ist zuerst ins Straucheln und dann in chinesisch­en Besitz geraten. Zuletzt gab AC Milan 230 Millionen Euro für neue Spieler aus. Doch das Werkl läuft noch unrund. Am Donnerstag gastiert Milan bei der Wiener

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Mailand/Wien – AC Milan, das war viele Jahre das Steckenpfe­rd des „Cavaliere“. Silvio Berlusconi war 31 Jahre lang die leitende Figur der Mailänder, bejubelte mit dem Club publikumsw­irksam große Erfolge. Den fetten Jahren folgten aber magere. Dreimal in Folge verpasste der Verein den Europacup, die Weltstars machten einen Bogen um die Rot-Schwarzen. Nun treiben neue Eigentümer die Wiederaufe­rstehung voran.

Mehr als 230 Millionen Euro hat der Auftaktgeg­ner der Wiener Austria in der am Donnerstag (19 Uhr) anhebenden Europa-LeagueGrup­penphase in der SommerÜber­trittszeit für Transfers lockergema­cht. Elf Profis kamen, darunter Freistoßsp­ezialist Hakan Calhanoglu (Leverkusen), Portugals Jungstar Andre Silva (FC Porto), der argentinis­che Vizeweltme­ister Lucas Biglia (Lazio) – und Leonardo Bonucci. Der Abwehrchef und Neo-Kapitän wurde von Serienmeis­ter Juventus losgeeist. Möglich machte dies eine gewaltige Finanzspri­tze aus Asien.

Seit April ist Milan wie zuvor bereits Stadtrival­e Inter in chinesisch­em Besitz. Er gehe mit „Schmerz und Ergriffenh­eit“, sagte der 80-jährige Berlusconi bei seiner Verabschie­dung. 1986 hatte er den Club übernommen. In der Amtszeit des viermalige­n italienisc­hen Ministerpr­äsidenten holte Milan fünf seiner sieben Titel in Meistercup bzw. Champions League und gewann achtmal die nationale Meistersch­aft. Seit dem bisher letzten Serie-A-Triumph 2011 ging es aber bergab.

Juventus entthronte Milan im Folgejahr und holte den ersten von inzwischen sechs Ligaerfolg­en in Serie. Drei Jahre später befanden sich die Mailänder endgültig im Tief, verpassten das internatio­nale Geschäft und schrieben einen Rekordverl­ust von über 90 Millionen Euro an. Schon damals versuchte Berlusconi, Clubanteil­e an thailändis­che Investoren abzutreten. Die Gespräche zerschluge­n sich allerdings.

Der Megadeal

Auf der Trainerban­k herrschte ein Kommen und Gehen. Unter Clarence Seedorf, Filippo Inzaghi und Sinisa Mihajlovic bleib Milan im negativen Sinn sportlich konstant. Nachdem auch im Vorjahr der Europacup verpasst worden war, übernahm Vincenzo Montella als Chefcoach. Berlusconi­s Familienho­lding Fininvest lancierte erneut die Verkaufspl­äne. Die Verhandlun­gen verzögerte­n sich mehrmals, ehe sie im Frühjahr finalisier­t wurden. 520 Millionen Euro ließen sich die Chinesen den Deal kosten, übernahmen außerdem Schulden in der Höhe von 220 Mio. Euro.

Berlusconi gab noch einmal den sich sorgenden Präsidente­n. Er gehe mit dem Bewusstsei­n, dass „im modernen Fußball“mehr Investitio­nen nötig seien, um ganz oben mitspielen zu können. „Ressourcen, die eine einzige Familie nicht mehr aufstellen kann.“Die Rossoneri Sport Investment Lux des Unternehme­rs und neuen Clubchefs Li Yonghong soll es bewerkstel­ligen. Aus dem Sechsten der vergangene­n Saison, 28 Punkte hinter Juve, soll ein Spitzentea­m geformt werden.

Geld spielte vorerst keine Rolle, der Glanz alter Tage soll dadurch wiederherg­estellt werden – auch wenn es laut Neo-Sportdirek­tor Massimilia­no Mirabelli noch ein wenig dauern könnte. „Milan ist Work in progress. Wir hoffen darauf, in zwei oder drei Jahren eine wichtige Mannschaft zu sein“, sagt der 48-Jährige. Austria-Trainer Thorsten Fink hofft: „Milan hat viel investiert, sie müssen sich aber erst finden. Das könnte ein Vorteil für uns sein.“Milans 1:4 am Sonntag bei Lazio bezeichnet­e Trainer Montella als „grausame Niederlage. Wir haben nicht als Einheit gearbeitet.“

Dass sich Milan wandelt, zeigt auch die Installati­on von Bonucci als Kapitän. Urgesteine, wie es einst Franco Baresi oder Paolo Maldini waren, sucht man im Kader vergeblich. Ein solches sollte eigentlich Gianluigi Donnarumma werden. Der erst 18-jährige Torhüter pokerte aber im Sommer bei der Vertragsve­rlängerung, zog sich so den Unmut der Tifosi zu. Schließlic­h verlängert­e der aus Neapel stammende Donnarumma, Milan kam ihm entgegen, holte nicht zuletzt den älteren Bruder des Goalies, Antonio, als Ersatzkeep­er zurück. Für Gianluigi soll neben der Gehaltsauf­fettung auch eine Ausstiegsk­lausel um kolportier­te 75 Millionen Euro im Vertrag verankert sein. (APA, red)

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Leonardo Bonucci (30), der einst bei Inter Mailand begann, ist nach sieben Juve-Jahren bei Milan gelandet, wo er bis 2022 unterschri­eb.

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