„Einer Demokratie unwürdig“
Türkei: Uno, OSZE kritisieren Druck auf Meinungsfreiheit
Ankara/Wien – Die Türkei steht nach der jüngsten Verhandlung im Strafverfahren gegen Journalisten und Manager der regierungskritischen Tageszeitung Cumhuriyet international am Pranger. In einer gemeinsamen Erklärung verlangten Harlem Désir, der neue Beauftragte für Medienfreiheit der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Wien, und David Kaye, der UNSonderberichterstatter für Meinungsfreiheit, die Freilassung der Cumhuriyet- Mitarbeiter und aller anderen in der Türkei inhaftierten Journalisten. Désir und Kaye nannten die Gerichtsentscheidung vom Montag „einer Demokratie unwürdig“. Sie ignoriere auch alle entsprechenden internationalen Verpflichtungen, welche die Türkei unterschrieben habe, hieß es in der am Dienstag veröffentlichten Erklärung.
Zuvor hatte der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, der Jordanier Seid al-Hussein, die Türkei mit deutlichen Worten gerügt. Die Besorgnis der türkischen Führung über die Menschenrechte der muslimischen Minderheit der Rohingya in Myanmar und um andere in ausländischen Staaten sei sehr begrüßenswert, sagte alHussein. „Ich ermutige die Regierung, bei der Menschenrechtslage innerhalb der Türkei, die sich fortwährend verschlechtert, dieselbe Umsicht walten zu lassen“, fuhr der Kommissar am Montag in seiner Rede vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf fort. Das Recht auf freie Meinungsäußerung und auf Information sei in der Türkei unter unerbittlichem Druck. Viele der Maßnahmen gegen Journalisten, Richter, Uni-Lehrer, Beamte und Menschenrechtsverteidiger erscheinen „unverhältnismäßig und vielleicht willkürlich“.
„Cumhuriyet“-Prozess
Am ersten Verhandlungstag nach der Sommerpause hörte das Gericht im Prozess gegen Cumhuriyet weiter die Angeklagten an. Zu Wort kamen erneut der Kolumnist Kadri Gürsel, der Reporter Ahmet Şik und Chefredakteur Murat Sabuncu, erstmals aber auch der ebenfalls inhaftierte Buchhalter Emre Ipek; ihm werden zwei Tweets zur Last gelegt und die Verwendung der TelefonApp ByLock der Gülenisten. Ipek stritt dies ab. Der Richter entschied, sechs der 17 Angeklagten weiter in Haft zu behalten. (mab)