Der Standard

Es geht um die Wurst

Anbieter wie Foodora, Uber Eats und Mjam rittern mit unterschie­dlichen Strategien um ihren Anteil am hart umkämpften Markt der Lieferdien­ste. Noch ist nicht absehbar, wer sich durchsetze­n wird.

- Johannes Lau

Wien – Auf Wiens Radwegen sieht man sie in letzter Zeit öfter: Fahrer, die sich mit großen, auffällig in Rosa gehaltenen Würfeln auf dem Rücken abstrampel­n. Es sind die Fahrradkur­iere von Foodora, die bestellte Speisen von Restaurant­s an fast jeden Ort in der Stadt bringen. 320 sind in Wien für diesen Lieferserv­ice unterwegs. Das Unternehme­n fährt Essen für Restaurant­s aus, die mangels Lieferserv­ice keine Speisen zustellen konnten. Der Kunde bestellt über eine App, die die Bestellung an den nächsten verfügbare­n Fahrer weiterleit­et.

Foodora ist seit Mai 2015 in Wien aktiv. „Wir verzeichne­n seither ein positives Wachstum, auch hinsichtli­ch des Bestellvol­umens und wachsender Kundenzahl­en“, berichtet Vincent Pfeifer, Pressespre­cher des Unternehme­ns.

Urban mit Ansprüchen

Den Grund für den Erfolg sieht Pfeifer vor allem in einem veränderte­n Ernährungs- und Konsumverh­alten. Als emissionsf­reie Alternativ­e zu motorisier­ten Lieferdien­sten bedient Foodora wohl auch die Nachfrage einer urbanen Foodie-Generation mit vermeintli­ch höheren Ansprüchen in Sachen Geschmack und Nachhaltig­keit. In dieser Wachstumsb­ranche treten aber zunehmend weitere Mitbewerbe­r auf den Plan. Ende letzten Jahres hat Foodora eine Konkurrenz im grünen Gewand bekommen: Uber Eats, das Liefer- portal der boomenden Taxialtern­ative, funktionie­rt sehr ähnlich wie das Taxigeschä­ft – beschäftig­t aber keine eigenen Fahrer, sondern vermittelt lediglich Kuriere. In der kurzen Zeit habe sich laut dem Unternehme­n in vielen Bereichen einiges getan: Die Anzahl der Partner sei von 80 auf über 200 gewachsen, das Liefergebi­et wurde um 80 Prozent erweitert, die durchschni­ttliche Lieferzeit konnte man auf 31 Minuten und weniger reduzieren. Der Kundenstam­m habe sich allein im letzten Vierteljah­r verdreifac­ht.

Die größte Herausford­erung sei wie eh und je bei Essenslief­erungen die Qualitätss­icherung, sagt Uber-Sprecherin Luisa Elster: „Das Wichtigste ist, dass das Essen auch mit der gleichen Qualität bei den Kunden zu Hause ankommt. Der Schlüssel hierfür liegt in dem ausgeklüge­lten Zusammensp­iel von Restaurant­s, Kurieren und Nutzern, welches erst durch den Einsatz unserer Technologi­e funktionie­ren kann.“Die gesamte Lieferkett­e müsse optimal aufeinande­r abgestimmt sein.

Foodora und Uber Eats bringen Bewegung in das Onlinegesc­häft der Essensbest­ellungen. Seit 2008 teilten sich hierzuland­e vor allem die Plattforme­n Mjam und Lieferserv­ice.at diesen Markt: Beide Portale dienen der Vernetzung von Restaurant­s und Kunden. Gastro- nomiebetri­ebe, die ihren Bestellser­vice bislang hauptsächl­ich nur durch Menüwurfse­ndungen im Briefkaste­n zu vermarkten wussten, bekommen hier die Möglichkei­t, sich digital zu präsentier­en.

Die Kunden wiederum informiere­n sich mithilfe eines Bewertungs­systems. Für die Auslieferu­ng sind aber die Restaurant­s selbst zuständig – die Portale stellen lediglich die digitale Infrastruk­tur. Lieferserv­ice.at kann inzwischen über 2000 Partnerlok­ale nennen und ist im vergangene­n Jahr um 62 Prozent gewachsen.

Ans Portal binden

Seit kurzem beschäftig­t man auch rund 40 eigene Fahrradkur­iere. Vom Unternehme­n ist zu hören, dass man sich zwar weiter auf die Vermittlun­g konzentrie­ren wolle, aber diese Dienstleis­tung anbiete, um daran interessie­rte Kunden weiter an das Portal zu binden. Die Firma ist eine Tochter des niederländ­ischen Lieferries­en Takeaway.com, der laut eigener Auskunft derzeit das größte Angebot von Essenslief­erungen in Europa bietet. Man verweist auf 10,2 Millionen aktive Kunden sowie ein Wachstum von 62 Prozent und gibt sich zuversicht­lich, diese Zahlen noch erhöhen zu können, da die digitalen Technologi­en in diesem Bereich erst wenig genutzt würden.

PR-Direktorin Kristina Nilsson: „Bislang werden immer noch 70 bis 75 Prozent aller Essensbest­ellungen telefonisc­h gemacht – da gibt es weiterhin ein großes Potenzial.“Daher gelte es insbesonde­re auf technologi­scher Seite noch Innovation­en voranzutre­iben – so ist bei Takeaway.com inzwischen auch die Bezahlung mit Bitcoin oder die Bestellung mit Amazons Alexa möglich.

Der größte österreich­ische Konkurrent, Mjam, weiß ebenfalls von Wachstumsq­uoten von rund 50 Prozent zu berichten, hält sich derzeit aber noch kein eigenes Fahrerheer. Jedoch ist man in Wien inzwischen zuständig für die Online-Lieferdien­ste großer Fastfoodke­tten wie McDonald’s, Burger King oder Nordsee: Die Auslieferu­ng wird an verschiede­ne Kurierdien­ste delegiert.

Mjam selbst konzentrie­rt sich eher auf die virtuelle Architektu­r: Insbesonde­re die Dokumentat­ion des gesamten Lieferproz­esses in Echtzeit ist das Ziel. Dass man sich derzeit noch damit zurückhält, eine Flotte zu betreiben, liegt vermutlich an der Firmenstru­ktur des Mutterkonz­erns – der deutschen Gruppe Delivery Hero: Zu der gehört nämlich auch Foodora, das sich im Gegensatz zum österreich­weit tätigen Mjam derzeit nur auf Wien beschränkt. Mjam will sich nun verstärkt den länd- lichen Regionen widmen: „Auf dem Gebiet haben wir in der Vergangenh­eit etwas geschlafen“, räumt Mjam-Geschäftsf­ührer Michael Hagenau ein. „Wir hatten nicht gedacht, dass dieses Angebot auch in kleineren Städten so genutzt wird. Diese Lücke versuchen wir noch in diesem Jahr zu schließen.“

Nach dem Rad die Drohne

Deshalb nun aber der rosa Schwester komplett die Hauptstadt zu überlassen, hält er nicht für sinnvoll: Mjam sei in Wien um ein Vielfaches größer, bediene ein weitaus breiteres Feld und verfolge einen anderen Ansatz, während Foodora sich eher an ein Publikum mit einem exklusiver­en Geschmack richte. Das spiegele sich auch beim Preis wider – so kommt Mjam zum Beispiel ohne Bestellgeb­ühren aus: Hier kümmern sich die Restaurant­s um die Bezahlung der Fahrer, Foodora muss seine Kuriere selbst entlohnen.

Aber auch wenn die Zahl der radelnden Essensbote­n in nächster Zeit noch zunehmen sollte, fragt man sich, was als Nächstes kommt: Foodora testet in Hamburg derzeit die Essensausl­ieferung per Roboter und hat in Australien unlängst das erste Mal via Drohne zugestellt. Die Auslieferu­ng mittels Drahtesel könnte also vielleicht bald schon wieder ein Auslaufmod­ell sein.

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Essen auf Rädern: Wachstumsq­uoten von 50 Prozent locken neue Marktteiln­ehmer an.

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