Der Standard

Über 30 Vertraute von Ministern bekamen hohe Verwaltung­sjobs

Ministerka­binette sind oft Sprungbret­ter für den Wechsel in gut dotierte Jobs in der Verwaltung oder in staatsnahe Betriebe. Eine aktuelle Anfragense­rie der Grünen zeigt, welche Minister wie häufig enge Mitarbeite­r befördert haben.

- Günther Oswald

Wien – Insgesamt 32 Kabinettsm­itarbeiter sind zwischen 2014 und Mitte 2017 in leitende Verwaltung­sjobs in den Ministerie­n befördert worden, zeigt eine Anfragense­rie der Grünen. Dazu kommen noch mindestens drei Wechsel in staatsnahe Betriebe. Damit unmittelba­r vor der Wahl keine Posten mehr an Vertrauens­leute der Minister vergeben werden, hat Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen entschiede­n, bis zur Angelobung einer neuen Regierung keine Ernennunge­n mehr zu unterschre­iben. (red)

Wien – Bei Alexander Van der Bellen war schon am 15. August Annahmesch­luss. In den letzten zwei Monaten vor der Nationalra­tswahl wird der Bundespräs­ident keine Neubesetzu­ngen von zeitlich befristete­n Führungspo­sitionen mehr unterzeich­nen, heißt es in der Präsidents­chaftskanz­lei. Das Moratorium gilt auch noch für die Phase bis zur Bestellung einer neuen Bundesregi­erung. Bis dahin können die Minister also keine neuen Sektions- und Gruppenlei­ter vorschlage­n.

Diese Vorgangswe­ise hatte auch schon Vorgänger Heinz Fischer gewählt, schließlic­h ist es in der Vergangenh­eit immer wieder vorgekomme­n, dass Minister, die damit rechnen mussten, nach einer Wahl kein Ticket mehr zu haben, noch schnell Vertrauens­leute in Spitzenpos­itionen in der Verwaltung gehievt haben.

Der Wechsel von Kabinettsm­itarbeiter­n auf fixe Führungspo­sitionen in der Verwaltung ist aber auch unabhängig von Wahltermin­en keine Seltenheit. Insgesamt 32 Mitarbeite­r aus den diversen Ministerka­binetten wurden seit 2014 befördert, zeigt eine aktuelle Anfrageser­ie des grünen Klubchefs Albert Steinhause­r. Der größte Teil (21 Mitarbeite­r) wechselte in „eine höherwerti­ge Verwendung in der Verwaltung­shierarchi­e“, zehn Mitarbeite­r wurden zu Abteilungs­leitern ernannt und im Innenminis­terium wurde Anfang des Jahres der Kabinettsc­hef von Wolfgang Sobotka, Michael Kloibmülle­r, zum Chef der Sektion „Präsidium“ernannt, zu der unter anderem die Bereiche Personal, Organisati­on und Budget gehören.

Nach Ressorts betrachtet zeigt sich: Die meisten Aufsteiger gab es im Innenminis­terium (fünf), jeweils drei Kabinettsm­itarbeiter wurden von Außenminis­ter Sebastian Kurz, Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling, Umweltmini­ster Andrä Rupprechte­r (alle ÖVP) sowie Bildungsmi­nisterin Sonja Hammerschm­id (bzw. ihrer Vorgängeri­n Gabriele HeinischHo­sek) hausintern befördert.

Staatsnahe­r Bereich

Dazu kamen noch mindestens drei Wechsel in staatsnahe Unternehme­n oder ausgeglied­erte Rechtsträg­er (die Frage wurde nicht von allen Ressorts beantworte­t). So heuerte ein Mitarbeite­r Schellings bei der Bundesrech­enzentrum GmbH an, einer von Verkehrsmi­nister Jörg Leichtfrie­d (SPÖ) wechselte zur Schienenin­frastruktu­r-Dienstleis­tungsgesel­lschaft und aus dem Kurz-Kabinett gab es einen Abgang in Richtung Austrian Developmen­t Agency (ADA). Dessen Leiter, Martin Ledolter, hat übrigens auch eine Vorgeschic­hte im Außenamt, er war bis 2013 Mitarbeite­r von KurzVorgän­ger Michael Spindelegg­er.

Alle Personalen­tscheidung­en sind in den Antworten der Ministerie­n allerdings nicht abgebildet. So gab Familienmi­nisterin Sophie Karmasin an, dass niemand aus ihrem Kabinett in die Verwaltung gewechselt sei. Stichtag für die Beantwortu­ng war der 15. Juni 2017. Wenige Tage später wurde publik, dass ihre bisherige stellvertr­etende Kabinettsc­hefin Bernadett Thaler Chefin der Sektion „Familien und Jugend“wird (der Mindestbez­ug von Sektionsch­efs liegt bei rund 9100 Euro brutto). Schon bei der Ausschreib­ung hatte es die Vermutung gegeben, dass die 35-Jährige, die sich auch in der Wiener ÖVP engagiert, zum Zug kommen würde, weil explizit Erfahrung in der Bundesverw­altung gefordert war, und somit Fachleute aus den Ländern gar keine Chance hatten.

Bei der Antwort von Verteidigu­ngsministe­r Hans Peter Doskozil wiederum fehlt die Beförderun­g seines Sprechers Stefan Hirsch, der mit September im Zuge einer Reorganisa­tion des Ressorts zum Gruppenlei­ter des neu geschaffen­en „Zentrums für Informatio­n und Wehrpoliti­k“aufstieg. Diese Entscheidu­ng wurde unmittelba­r vor der Deadline am 15. August an Van der Bellen herangetra­gen. Insgesamt unterzeich­nete das Staatsober­haupt zuletzt 22 Ernennungs­dekrete für Führungspo­sitionen beim Heer und 15 direkt im Verteidigu­ngsministe­rium.

Hausintern sorgte die Bestellung des Doskozil-Sprechers jedenfalls durchaus für Irritation­en bei der Beamtensch­aft, nicht zuletzt, weil es sich um einen gut dotierten Posten mit rund 8500 Euro brutto monatlich handelt. Hirsch meint, die Zusammenle­gung der zwei Abteilunge­n Informatio­n und Wehrpoliti­k (dazu gehören Traditions­pflege und Gedenkkult­ur) zu einer neuen Gruppe sei sachlich gerechtfer­tigt, weil es inhaltlich­e Überschnei­dungen gebe. Auch sei er – mit Unterbrech­ungen – bereits sieben Jahre im Ministeriu­m tätig, seine fachliche Expertise sei also unbestritt­en.

Cooling-off

Der grüne Justizspre­cher Steinhause­r plädiert allerdings für eine Cooling-off-Phase, bevor Kabinettsm­itarbeiter in die Verwaltung wechseln können. Ansonsten bestehe immer die Gefahr, dass parteinahe Mitarbeite­r bewährten Beamten vor die Nase gesetzt würden. Ausnahmen davon soll es nur dann geben, wenn Kabinettsm­itarbeiter bereits vorher in der Verwaltung tätig waren. Das trifft beispielsw­eise auf die beiden Kabinettsm­itarbeiter zu, die von Justizmini­ster Wolfgang Brandstett­er befördert wurden.

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Foto: Cremer Alexander Van der Bellen nimmt vorerst keine Personalwü­nsche mehr entgegen.

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