Prozess um die „blede Gschicht“des Herrn H.
58-Jährigem wird Sozialbetrug vorgeworfen
Wien – Mit den Mühlen der Bürokratie wird man beim Prozess gegen Manfred H., dem schwerer Betrug vorgeworfen wird, konfrontiert. Der 58-Jährige soll 2014 Arbeitslosengeld bezogen haben, das ihm nicht zustand. Hört sich nach einem einfachen Sachverhalt an, ist es aber nicht.
Herr H. ist ein netter älterer Herr, der sich grundsätzlich schuldig bekennt, ehe er seine Leidensgeschichte klagt. Sieben Jahre lang sei er als Selbstständiger im Außendienst tätig gewesen. „Ich wollte eigentlich ein Angestelltenverhältnis, bin aber immer vertröstet worden.“Nebenbei schrieb er daher Bewerbungen und hoffte auf einen Altersbonus. „Ich dachte, wenn ich mich arbeitslos melde, geht es leichter. Es gab da die Aktion 50+, da haben die Firmen profitiert, wenn sie Ältere anstellen.“Um das Geld sei es ihm nicht gegangen, beteuert er. „Ich habe mir gedacht, ich habe gar keinen Anspruch. Als das Geld kam, habe ich mir gedacht: ,Das ist jetzt a blede Gschicht.‘“Noch blöder war, dass er die gut 12.000 Euro auch kassierte.
Was ihn und Richterin Eva Brandstetter verwirrt: Als er sich Anfang 2016 auf seinen Privatkonkurs vorbereitete, teilte ihm das Arbeitsmarktservice mit, dass keine Forderungen offen seien, da 12.000 Euro bereits einbehalten worden seien. „Ich habe immer an dieselbe Stelle geschrieben, aber es haben immer unterschiedliche Leute unterschiedliche Sachen geantwortet.“
Aufklärung erhofft sich Brandstetter von der Zeugin des Arbeitsmarktservices. Die sorgt aber erst recht für Verwirrung, als sie erzählt, dass sich das Antwortschreiben auf eine Forderung von 2010 bezieht. Schlussendlich stellt sich Folgendes heraus: Herr H. hat den Trick schon im Jahr 2010 praktiziert. Das flog aber erst 2012 auf. 2014 wurde daher die Hälfte seines Arbeitslosengeldes einbehalten und damit die Schulden aus 2010 getilgt. Im Februar 2016 war er für das AMS daher schuldenfrei – dass er auch 2014 keinen Anspruch hatte, erfuhr man vom Hauptverband der Sozialversicherungen erst im März 2016. Nur: Dass er ein zweites Mal ertappt wurde, erfuhr wiederum Herr H. nie, wie er beteuert. Offenbar schrieben beide Seiten aneinander vorbei.
Das nicht rechtskräftige Urteil: Sechs Monate bedingt.