Voestalpine erneut unter Kartellverdacht
Nach Edelstahl auch Grobbleche im Visier
Wien/Linz – Die Razzien bei deutschen Stahlerzeugern werfen lange Schatten. Nach Hausdurchsuchungen bei Salzgitter und Co Ende August ließ das Bonner Kartellamt am Dienstag Büros der Voestalpine in Linz von Bundeswettbewerbsbehörde und Landeskriminalamt durchsuchen. Es geht um den Verdacht auf illegale Preisabsprachen bei Grobblechen.
Die Ermittlungen stünden im Zusammenhang mit den Durchsuchungen, die das deutsche Bundeskartellamt ab 22. August drei Tage lang im Bereich Flachstahl bei insgesamt sieben Unternehmen sowie in drei Privatwohnungen durchgeführt hat. Namen nannte das Kartellamt nicht. Der Salzgitter-Konzern und der weltgrößte Stahlhersteller Arcelor Mittal hatten auf Nachfrage eingeräumt, von den Untersuchungen betroffen zu sein. Und: Man arbeite mit den Behörden selbstverständlich zusammen und habe entsprechende Unterlagen zur Verfügung gestellt. So äußerte sich auch Voestalpine am Dienstagabend in der nach Börsenschluss veröffentlichten Mitteilung.
Das Kartellamt hat die Stahlunternehmen seit geraumer Zeit im Visier. Seit Ende 2015 läuft ein Verfahren im Bereich Edelstahlproduktion und -vertrieb, es geht laut Angaben von Thyssen Krupp insbesondere um Absprachen bei Zuschlägen für legierte Stähle. Auch davon ist Voestalpine betroffen, wie vor Monaten eingeräumt wurde. Im Sommer vergangenen Jahres wurden sechs Firmen im Einkauf von Stahl für die Automobil- und Automobilzulieferindustrie durchsucht. Im Juni 2017 durchleuchtete die Behörde drei Autozulieferer aus der Schmiedebranche.
Durchsuchungsbeschlüsse setzen einen Anfangsverdacht für einen Kartellrechtsverstoß voraus, bis zum Abschluss des Verfahrens gilt die Unschuldsvermutung. Bestätigt sich der Verdacht der Wettbewerbshüter, kann das Kartellamt Firmen mit bis zu zehn Prozent ihres Konzernjahresumsatzes belangen – in der Praxis schöpft die Behörde diesen Rahmen aber kaum aus. Voestalpine erzielte im abgelaufenen Geschäftsjahr 2016/17 (31. März 2017) einen Konzernumsatz von 11,3 Milliarden Euro.
Die Voest hat mit Kartellwächtern Erfahrung. 2011 flog das Kartell der Schienenfreunde auf, in dem der Linzer Stahl- und Verarbeitungskonzern zum Kronzeugen avancierte und mit 8,5 Millionen die geringste Buße ausfasste. Der Deutschen Bahn zahlte man 50 Millionen Euro Entschädigung, um im Geschäft zu bleiben. (ung, APA)