Der Standard

Erbsenzähl­en via Smartphone

App eines finnischen Zahlungsin­stituts soll Buchhaltun­g für Kleinstunt­ernehmer erleichter­n

- Nora Laufer

Einen Kopierer kaufen, die Rechnung fotografie­ren, und schon ist diese online mit dem Zahlungsau­sgang auf dem Konto verbunden – und landet automatisc­h in der Buchhaltun­g. Der finnische Online-Banking-Anbieter Holvi versucht sich mit der Zusatzdien­stleistung der Buchführun­g von seinen Konkurrent­en abzuheben.

Kleinstunt­ernehmern fehlen oft die Strukturen und das Wissen, um ihre Buchhaltun­g effizient zu sortieren und Rechnungen korrekt zu stellen. Mit dieser Annahme ist das Zahlungsin­stitut Holvi vor sechs Jahren in den Markt gestartet. Seit 2015 arbeitet der Fintech-Konzern auch in Österreich.

In seiner Grundfunkt­ion unterschei­det sich Holvi kaum von den zahlreiche­n anderen Online-Banking-Systemen. Kunden können ein Geschäftsk­onto eröffnen, erhalten einen IBAN, können SepaÜberwe­isungen tätigen und eine Kreditkart­e anfordern. Neben der Kontenführ­ung können Unternehme­r aber eben auch ihre Buchhaltun­g vorbereite­n.

Steuerbera­ter erhalten die gesamten Ein- und Ausgänge des Firmenkont­os gekoppelt mit den Fotos der Rechnungen papierlos über die digitale Plattform. Der Branche könne und wolle man mit der Funktion aber keine Konkurrenz machen: „Das ist eine Welt für sich“, sagt Holvi-Chef AnttiJussi Suominen zum STANDARD.

„Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Unternehme­r oft nicht wissen, was auf einer Rechnung alles draufstehe­n muss“, sagt Suominen: „Die meisten verwenden einfach Word.“Holvi übernimmt diese Aufgabe. Rechnungen werden in der jeweiligen Landesspra­che und mit den in den Ländern notwendige­n Informatio­nen bereitgest­ellt. Die Kunden sind hauptsächl­ich Selbststän­dige und Freiberufl­er, wie Yogalehrer oder Kreativsch­affende.

Keine Zinsen für Kunden

Anders als eine herkömmlic­he Bank kann Holvi, das im vergangene­n Jahr von der spanischen Bankengrup­pe BBVA gekauft wurde, das Geld seiner Kunden nicht anlegen, dafür erhalten diese aber auch keine Zinsen. Die Kunden der Onlinebank treffen auch keinen Bankberate­r, nur bei der Erstanmeld­ung werden Unternehme­r per Videoanruf verifizier­t.

Seit Mai ist Holvi auch Partner des estnischen E-Residency-Programms. Durch dieses können sich Menschen aus aller Welt als „digitale Bewohner“ausweisen und Unternehme­n online in Estland registrier­en, ohne das Land zu besuchen. „Bisher war aber die Kontengrün­dung immer ein Problem“, sagt der Geschäftsf­ührer, diese Lücke soll Holvi füllen. Derzeit wird das Geschäftsk­onto nur in Deutschlan­d, Österreich und Finnland angeboten, durch das estnische Programm hätten aber alle Europäer Zugang zu einem Konto, erklärt Suominen.

Während die Anwendung bisher hauptsächl­ich über eine Desktopver­sion lief, können österreich­ische Kunden ab Montag sämtliche Dienste über eine Smartphone-App nutzen.

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