Grant Hart 1961–2017
Bei der US-Band Hüsker Dü galt er als Sonnenkind, doch Drogensucht, ausbleibender Erfolg und Schicksalsschläge verdunkelten das Wesen Grant Harts. Nun ist der einflussreiche Musiker 56-jährig gestorben.
Wien – Für die Generation Punkrock war das Gespann Bob Mould und Grant Hart so etwas wie John Lennon und Paul McCartney. Ein Glücksfall einer Paarung, die sich in ihren unterschiedlichen Wesensmerkmalen prächtig ergänzte. Hart und Mould waren die beiden Songwriter der einflussreichen US-Band Hüsker Dü.
Während Gitarrist Mould vorn am Mikro sich selbst zerfleischende Texte ins Mikro brüllte, ging die Sonne auf, wenn Hart hinten an der Trommelbude sang. Dort saß er, ein bisschen pummelig, barfuß, die langen Haare im Gesicht, und hielt Moulds Pessimismus dagegen. Nun ist Grant Hart gestorben.
Überraschend kam das nicht. Wer die letzten Jahre des am 18. März 1961 in Saint Paul, Minnesota, als Grantzberg Vernon Hart geborenen Musikers verfolgt hat, musste eine Abwärtsspirale erkennen. Viele Jahre der Drogenabhängigkeit zehrten an seiner Erscheinung. Er erschien ausgemergelt, was man Karriere nennt, wirkte bescheiden. Bei einem Brand verlor er zudem sein Zuhause, dazu kam eine Krebserkrankung, der er nun erlegen ist.
Doch schon zu Lebzeiten strahlte sein Erbe. Hüsker Dü, gegründet 1979, aufgelöst 1988, gelten als Wegbereiter des Alternative Rock. In den 1980ern war das Trio Hart, Mould und Greg Norton die erste Band des wilde Blüten treibenden Hardcore-Undergrounds, die von einem Majorverlag unter Vertrag genommen wurde. Ihr Album Zen Arcade (1984) gilt als Meilenstein der Ära.
Hart gestaltete alle Cover sowie den legendären Schriftzug der Band. Ihre Musik war eine Mischung aus Pop und Punk, die sie mit dem Bleifuß am Gas spielten. Dieses Rezept wurde auf Alben wie Flip Your Wig oder Candy Apple Grey zusehends melodischer und bildete die Vorlage für alle jene Bands, die in den 1990ern mit demselben Rezept erfolgreich wurden – von Nirvana abwärts. Ein Verdienst, das sich für die drei von Hüsker Dü historisch eher als monetär niederschlug, lediglich Bob Mould ist bis heute als Musiker erfolgreich. te. Das zeitigte herrliche Ohrwürmer. Doch als Frontmann war er nicht so souverän wie hinter den Trommeln, was bei einem Auftritt in der Szene Wien zu Auseinandersetzungen mit dem Publikum und patzigem Kleinkindverhalten führte.
Nach dem Ende von Nova Mob veröffentlichte er unter eigenem Namen und in größer werdenden Abständen weitere Alben. Good News For Modern Man überzeugte 1999 mit gewohnter Qualität, doch ohne größeres Label und ohne Band fand es außerhalb der eingeschworenen Fangemeinde kaum Beachtung.
2010 trat Hart beim Wiener Songwriter-Festival Blue Bird auf. Da war er längst ein Ritter von trauriger Gestalt, zynisch bis verbittert, dem es dennoch gelang, einem mit seiner Stimme und einzelnen Songs das Herz an diesem kalten Novemberabend zu wärmen. 2013 erschien sein letztes Album The Argument, ein Doppelalbum, das Hoffnung gab, Hart könnte sich fangen, aber nicht.
Zwar wurden einige seiner Alben in den vergangenen Jahren neu aufgelegt, eine Trendwende zeichnete sich nicht ab. 2013 erschien Gorman Bechards Doku Every Everything: The Music, Life & Times of Grant Hart, die den Musiker würdigte. „Beautifully sad“nannte ein Kritiker den Film.
Grant Hart wurde 56 Jahre alt.