Der Standard

Russischer Bau-Magnat will mit Kunst in Wien abheben

Veranstalt­er der Kunstmesse Vienna Contempora­ry plant schwarze Zahlen und Beratungsg­esellschaf­t

- Renate Graber

Wien – Glaubt man Dmitry Aksenov, dem Moskauer Immobilien­unternehme­r und Eigentümer der Kunstmesse Vienna Contempora­ry, so ordnet er seine Geschäftsp­artner gern anhand ihres Kunstgesch­macks ein.

„Komme ich zum ersten Mal in ein Büro, dann schau ich mir an, was dort an der Wand hängt. Sind das nichtssage­nde Poster oder Bilder, sagt mir das, dass die Leute noch nicht in unserer Zeit angelangt sind.“Geschäftsp­artner, die sich mit zeitgenöss­ischer Kunst umgeben, lägen ihm mehr, so der 50-Jährige zum STANDARD. Ihr Kunstgesch­mack deute auf eine „offene, neugierige und nicht auf Materielle­s fixierte Persönlich­keit“hin. Gegner von Zeitgenöss­ischem hätten „sehr strenge Zugänge zu Themen“, seien rigid und eingeengt und „sind wirtschaft­lich betrachtet eigentlich schon auf dem Friedhof“, beschreibt der studierte Physiker und Techniker seine Zuschreibu­ngen.

Sammler und Millionär

2012 ist der gebürtige Ukrainer, der in Moskau Physik und Technik studierte, in die Betriebsge­sellschaft der Wiener Kunstmesse Viennafair eingestieg­en. Seit dem Abschied des russischen Investors Sergey Skaterschi­kov hält der Bauunterne­hmer 100 Prozent der Betriebsge­sellschaft der nunmehrige­n Vienna Contempora­ry, der Wiener VC Artevents GmbH. Bis Sonntag noch stellen 110 Galerien auf der Messe in Wien-St. Marx aus; gezeigt wird dort vor allem zeitgenöss­ische Kunst aus Zentral- und Osteuropa.

Und wie kam Aksenov zur modernen Kunst? Als er „bereits Geld und Freizeit hatte“, so erzählt er, habe er begonnen, sich mit Kultur und Kunst zu beschäftig­en. 2012, bei der Art Basel, habe er sein erstes größeres Kunstwerk erstanden: ein Foto des Moskauer Künstlers Tim Parchikov. „Ein guter Deal“, sagt Aksenov, der vor allem Werke von zeitgenöss­ischen russischen Künstlern sammelt. Als dann die Viennafair zu kaufen gewesen sei, habe er sich beteiligt.

Auch in seinem Brotberuf, dem Bauen, habe er schließlic­h mit Kunst zu tun, in Form von Architektu­r und Design. Aksenovs Unternehme­n, die 2005 gegründete RDI Group mit Sitz in Moskau, ist dort so etwas wie der Platzhirsc­h für Stadterwei­terung auf der grünen Wiese. Die Grup- pe baut „kleine Städte“, wie es Aksenov nennt, also Wohnvierte­l mit vielgescho­ßigen Wohnbauten samt aller dazugehöri­gen Infrastruk­tur, also beispielsw­eise Schulen, Sozialzent­ren, Feuerwehrs­tationen.

Heuer hat die Gruppe rund 2000 solcher Wohneinhei­ten errichtet, was laut Aufsichtsr­atschef Aksenov rund 100.000 Quadratmet­ern entspricht. Der Umsatz sei bei umgerechne­t rund 150 Millionen Euro gelegen – wobei es vor drei Jahren noch ungefähr dreimal so viel gewesen sei. Die große Differenz sei auf den Verfall des Rubelkurse­s zurückzufü­hren.

Abseits des Bauens und Ausstatten­s kümmert sich die RDI Group inzwischen aber auch ums Kulturelle in den neuen Wohnvierte­ln im Großraum Moskau. Die Gesellscha­ft stellt nicht nur Räumlichke­iten für diverse Veranstalt­ungen zur Verfügung, sondern organisier­t sie auch, weswegen sie sich als „Event- und Content-Produzent“betrachtet. Ob man da der Bevölkerun­g nicht den eigenen Geschmack und den eigenen Kulturbegr­iff oktroyiere? Sammler Aksenov findet das nicht, könnten doch die Bewohner auch ihre eigenen Ideen für Projekte einbringen und umsetzen. Über Crowdfundi­ng stelle man Geld für die gewünschte­n Vorhaben auf – die RDI Group verdopple das auf diesem Weg aufgestell­te Geld.

Expansion in Wien

Mit seinem Wiener MesseInves­tment (bisher: zehn Millionen Euro, heuer kommt noch eine Million dazu) ist der Mann, der sich laut Selbstbesc­hreibung „ein teures Haus, teure Autos und einige Millionen Euro im Jahr für Philanthro­pisches leisten kann“, zufrieden. Jedenfalls was den Inhalt der Vienna Contempora­ry betrifft – beim Finanziell­en sieht er es anders. Zwar werde die VC Artevents 2018 die Verlustzon­e verlassen, von Stadt Wien und Staat erwartet sich der Veranstalt­er aber „mehr als emotionell­e Unterstütz­ung“. Die öffentlich­e Hand sponsert die Messe so gut wie nicht.

Geld verdienen will der Moskauer Unternehme­r künftig aber auch an der Schnittste­lle von Kultur und Technologi­e. Er plant die Gründung einer Gesellscha­ft in Wien, die mit Start-ups Kulturinst­itutionen beraten soll – im Gespräch sind, zum Beispiel, Lösungen für neue Ticketsyst­eme in diversen österreich­ischen Staatsmuse­en.

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Dmitry Aksenov will die Kunstmesse Vienna Contempora­ry 2018 aus den roten Zahlen bringen und expandiere­n.

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