Der Standard

Tauschen, drohen, fokussiere­n: Die Parteien und Afrika

Mehr Geld für Entwicklun­gshilfe wollen fast alle. Manche mit Bedingunge­n. Der kleine Wahlhelfer, Teil fünf

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ROTER MARSHALLPL­AN Die SPÖ koppelt im Wahlprogra­mm die Afrika-Hilfe oft mit den Themen Migration und Asyl. So wird ein „Plan für die Länder Westafrika­s“gefordert, um den Migranten und Flüchtling­en aus diesen Ländern „Perspektiv­en“in den eigenen Ländern anbieten zu können. Für die Länder Nordafrika­s schwebt den Roten einen Marshallpl­an vor: Eine wichtige Rolle spielen dabei der bestehende Afrika-Treuhandfo­nds (rund 2,8 Milliarden Euro) und der EU-Investitio­nsplan – ein Volumen von 44 Milliarden Euro wird genannt. Bei der Entwicklun­gszusammen­arbeit (EZA) sei ein Budget von 0,7 Prozent des Bruttonati­onaleinkom­mens (BNE) das Ziel. Die Agenden sollen zurück ins Kanzleramt wandern.

GRÜNE FAIRNESS Wie die Roten wollen auch die Grünen via Stufenplan das EZA-Budget auf 0,7 Prozent des Bruttonati­onaleinkom­mens heben – mit Zweckbindu­ng. Wichtig sei, dass es einen fairen Handel gebe und die „Überschwem­mung afrikanisc­her Märkte durch EU-subvention­ierte Obst-, Gemüse- und Fleischpro­dukte“beendet werde. Dadurch würde die lokale und regionale Produktion zerstört. Dafür müssten bereits bestehende Wirtschaft­spartnersc­haftsabkom­men der EU mit afrikanisc­hen Ländern ausgesetzt und neu verhandelt werden.

SCHWARZ-TÜRKISER TAUSCHPLAN Im Fokus der schwarz-türkisen Pläne steht die Balance zwischen Geben und Nehmen, konkret: „Wer Hilfe erhält, muss auch kooperiere­n und seine völkerrech­tlichen Verpflicht­ungen wahrnehmen.“Jenen Staaten, die etwa abgelehnte Asylwerber nicht zurücknehm­en, droht man mit „Konsequenz­en“. Das bedeutet eine Kürzung oder einen Stopp der EZA-Mittel. Den Kooperativ­en will man geben: Auch hier finden sich die angestrebt­en 0,7 Prozent des Bruttonati­onaleinkom­mens. Die Mittel der Austrian Developmen­t Agency sollen bis 2021 auf 155 Millionen Euro steigen.

BLAUE KONSEQUENZ Das blaue Wahlprogra­mm strotzt zwar vor Fairnessfo­rderungen, das Thema Entwicklun­gszusammen­arbeit ist den Freiheitli­chen dabei aber nicht in den Sinn gekommen. Eine Kürzung der EZA-Leistungen will die FPÖ freilich schon lange: 2015 wollte man mittels Entschließ­ungsantrag­s genau das erreichen, was ÖVP-Chef Sebastian Kurz jetzt an- strebt: kein Geld für Länder, die bei der Rücknahme ihrer Staatsbürg­er unkooperat­iv sind.

Die Neos beklagen die „fehlende Kohärenz“europäisch­er Maßnahmen und sehen „wenig Sinn“darin, „Agrarproje­kte in Entwicklun­gsländern zu fördern, während zeitgleich der heimische Markt abgeschott­et und die eigenen Agrarprodu­kte subvention­iert werden“. Man vermisst ein Staatssekr­etariat zur Koordinati­on der heimischen EZA, dort solle auch im Alleingang über die Geldvergab­e entschiede­n werden. Das Budget von 0,7 Prozent des BNE soll bis 2020 endlich erreicht sein. Überhaupt solle ein Großteil der nationalen Gelder zielgerich­teter „in den Kanälen der Union zusammenge­fasst“werden. Zudem brauche es mehr Fokussieru­ng: auf die schwächste­n Länder plus wenige andere.

EXPERTENME­INUNG Michael Obrovsky von der Österreich­ischen Forschungs­stiftung für Internatio­nale Entwicklun­g vermisst einen größeren Plan: „Internatio­nal ist man sich einig, dass Entwicklun­gshilfe allein nicht ausreichen wird, es geht vielmehr um eine kohärente Politik, die globale nachhaltig­e Entwicklun­g ermöglicht – Stichwort Sustainabl­e Developmen­t Goals.“Doch die nötige gesellscha­ftliche Transforma­tion wolle man dem Wähler nicht zumuten. Daher „tut man lieber so, als könnte man mit ein bisschen Entwicklun­gshilfe alle Probleme im globalen Süden lösen“.

Die Verknüpfun­g von EZA-Leistungen und Rücknahmea­bkommen hält Obrovsky für „nicht realistisc­h“. Weder würden die Schwerpunk­tländer der österreich­ischen EZA mit den Herkunftsl­ändern der Migranten übereinsti­mmen, noch handle es sich um EZA-Mittel in signifikan­ter Höhe – und Empfänger seien oft nicht Regierunge­n, sondern Projektpar­tner in benachteil­igten ländlichen Regionen. (pm, riss)

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