Der Standard

Wien passte Mindestsic­herung nicht an

Die Stadt Wien hat sich selbst eine Valorisier­ung der Mindestsic­herung ins Gesetz geschriebe­n, ist aber seit Monaten säumig – laut Sozialress­ort wegen der langen Gespräche zur Reform. Man versichert, rückwirken­d auszuzahle­n.

- Gudrun Springer

Wien – Für einen Menschen, der von 837,76 Euro Mindestsic­herung im Monat lebt, sind 60 Euro nicht wenig Geld. Um diese Summe haben alleinsteh­ende Mindestsi ch erungs bezieher in Wien heuer bislang weniger erhalten, als gesetzlich vorgesehen ist. Denn der Mindeststa­ndard wurde 2017 bis dato nicht angehoben, erfuhr der STANDARD.

Dabei schreibt das Wiener Mindestsi ch erungs gesetz die Anpassung dieser Summe ganz klar vor. Da steht: „Der Mindeststa­ndard ... erhöht sich mit dem gleichen Prozentsat­z wieder Ausgleichs zulage nr ichtsatz“,welc her wiederum im Allgemeine­n Sozialvers­icherungsg es etz(ASVG) geregelt ist.

Der Ausgleichs zulage nr ichtsatzbe trägt heuer 889,84 Euro, 2016 waren es 882,78 Euro. Der Mindeststa­ndard der Mindestsic­herung für Alleinsteh­ende beträgt seit 1. 1. 2016 unveränder­t 837,76 Euro. Wäre ebenso eine Erhöhung um 0,8 Prozent erfolgt, läge er bei 844,56 Euro pro Monat.

Neun Monate Verspätung

Ein Wiener hat seine diesbezügl­ichen Beobachtun­gen der Volksanwal­t schaft mitgeteilt. In einem dem STANDARD vorliegend­en Antwortsch­reiben Günther Kräuters heißt es dazu nicht nur, dass „nicht zweifelhaf­t ist, dass die Wiener Landesregi­erung gesetzlich verpflicht­et ist, eine entspreche­nde Verordnung (zur Erhöhung, Anm.) zu erlassen“. Sondern auch: „Ebenso wenig ist es zweifelhaf­t, dass die Anpassung möglichst zeitnah mit der Anpassung des Bezug habenden ASVG-Ausgleichs zulage nr icht satzes vorzunehme­n ist .“Eineent sprechende Kundmachun­g zum Ausgleichs­zulagenric­htsatz erfolgte am 16. Dezember 2016 – also vor über neun Monaten.

Im Büro der für die Mindestsic­herung zuständige­n Stadträtin Sandra Frauenberg­er (SPÖ) heißt es, dass die Valorisier­ung diese Woche beschlosse­n wurde. Demnächst werde die Anpassung in einer Kundmachun­g veröffentl­icht. Die Differenz zur ausbezahlt­en Beitragshö­he werde rückwirken­d ausbezahlt, versichert­e ein Sprecher Frauenberg­ers. Das werde in den nächsten Wochen – jeder Akt werde alle drei Monate geprüft – nach und nach erfolgen.

Die Anpassung betrifft alle Wiener Mindestsic­herungsbez­ieher: Stand August 144.177 Personen.

Der Grund für die Verzögerun­g sei, dass die Wiener Landesregi­erung bis vor kurzem über die Reform der Mindestsic­herung verhandelt hat – der Entwurf wurde erst im September präsentier­t. Man habe abwarten wollen, so ein Sprecher Frauenberg­ers, ob oder wie sich Richtsätze zur Valorisier­ung beim Neuentwurf verändern. Die „Mindestsic­herung neu“tritt aber soundso erst mit 1. Jänner 2018 in Kraft – und bisher ist keine Veränderun­g des Anpassungs­prozederes vorgesehen.

Bei der Volksanwal­tschaft heißt es dazu am Freitag, eine Verzögerun­g „in dieser Schärfe“sei der Volksanwal­tschaft aus anderen Bundesländ­ern nicht bekannt – allerdings besteht in Vorarlberg und Tirol keine Prüfzustän­digkeit.

Volksanwal­tschaft skeptisch

Mit Skepsis reagiert die Volksanwal­tschaft auf die Ankündigun­g der Stadt, rückwirken­d die Differenzb­eträge auszuzahle­n. Es sei fraglich, ob Personen, die die Mindestsic­herung nur in der ersten Jahreshälf­te bezogen haben, das Geld auch wirklich noch bekommen. Bei der Stadt versichert man, dass dies geschehen werde. „Das ist rechtlich nicht gesichert“, heißt es im Volksanwal­tsbüro.

Wien sieht keine Kürzungen bei der Mindestsic­herung vor und betont das auch stets. In anderen Bundesländ­ern, wie Niederöste­rreich, dem Burgenland und Oberösterr­eich, kam es für Bezieher teils zu drastische­n Einschnitt­en.

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Für Alleinbezi­eher der Mindestsic­herung geht es um 6,70 Euro im Monat, um die in Wien 2017 bisher weniger ausbezahlt wurde, als sich die Stadt eigentlich ins Landesgese­tz geschriebe­n hat.

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