Der Standard

Kampf mit Kurz und gegen Laufmasche

Antonella Mei-Pochtler ist enge Wirtschaft­sberaterin von Sebastian Kurz, mit dem sie schon im Vorjahr am Wahlprogra­mm gearbeitet hat. Nun will die Consulteri­n den angeschlag­enen Betrieb Wolford übernehmen.

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Wien – Antonella Mei-Pochtler, 59, hört Ende des Jahres auf, um allenfalls beginnen zu können. Aufhören wird die Unternehme­nsberateri­n als Senior-Partnerin und Chefin der Boston Consulting Group (BCG) Wien und München, beginnen möchte sie als Eigentümer­in des angeschlag­enen börsennoti­erten Strumpfher­stellers Wolford AG.

Das Unternehme­n braucht frisches Kapital, die derzeitige­n Mehrheitsa­ktionäre, die Familie Palmers bzw. ihr zuzurechne­nde Stiftungen, wollen aber nichts mehr einschieße­n. Mei-Pochtler, bis vor Kurzem Aufsichtsr­atschefin bei Wolford, hat sich nun mit einem internatio­nalen Konsortium zusammenge­tan, man will als „unternehme­rischer Investor“(Mei-Pochtler im Trend) bei Wolford einsteigen. In ihren Augen könnte die Masche in Wolfords Finanzen binnen fünf Jahren repassiert sein. Bei BCG wäre ihr Job damit perdu, da die Beratungsg­ruppe derartige Engagement­s für unvereinba­r hält.

Humanist Kurz

Mei-Pochtler macht derzeit aber nicht nur wegen ihrer Ambitionen beim Vorarlberg­er Strumpf- und Wäschekonz­ern von sich reden, sondern wegen ihrer politische­n Zuarbeit. Konkret zählt sie zu den einflussre­ichsten Beratern von ÖVP-Chef Sebastian Kurz und hält damit auch nicht hinter dem Berg. „Man versucht ihn ins neoliberal­e Eck zu stellen, aber in Wahrheit ist er ein differenzi­erter und faktenbasi­erter Politiker mit einem humanistis­chen Weltbild“, sagte sie in einem Interview mit dem Magazin Trend.

Keinen Zweifel lässt sie an der ÖVP-Devise, dass man zur Senkung der Abgabenquo­te „ein paar radikalere Schritte gehen und manche Leistung auch infrage stellen muss“. Und in einem ÖVPVideo bringt sie die Dringlichk­eit von Reformen so auf den Punkt: „Wir können nicht nur von der Schönheit des Landes leben.“

Programm als „Trägerrake­te“

Die Zusammenar­beit mit Kurz dauert schon länger: Mei-Pochtler beriet ihn in seiner Funktion als Staatssekr­etär für Integratio­n. Im Vorjahr wurden diverse Arbeitskre­ise in der Politische­n Akademie der ÖVP (Polak) installier­t, deren Leiter Kurz schon war, als noch Reinhold Mitterlehn­er die Partei führte. Für Insider besteht kein Zweifel, dass Kurz über diese Schiene das Programm für seine türkise Bewegung ausarbeite­n ließ. „Die Polak-Aktion war die Trägerrake­te für das Wahlprogra­mm“, sagt einer, der dabei war. Mei-Pochtler leitete dabei den Arbeitskre­is für Wirtschaft.

Über das Gewicht ihres Beitrags in der Gruppe gibt es aber unterschie­dliche Denkschule­n. Während manche ihre Handschrif­t bei den Wirtschaft­sthemen erkennen wollen, sollte man „ihre Rolle bei der Programmer­stellung nicht überbewert­en“, sagt ein Mitglied des Kreises zum Standard. Als Beraterin lebt Mei-Pochtler seit Jahrzehnte­n bestens von ihrem exzellente­n Netzwerk, insbesonde­re in der österreich­ischen Industrie.

Das heißt aber nicht, dass ihr Wirken nicht auch kritisch hinterfrag­t würde. Vor allem in der Verstaatli­chten hat die Mutter dreier Kinder viele Aufträge an Land gezogen, ob bei Amag oder BöhlerUdde­holm. Ihre strategisc­he Expertisen seien dann mitunter hinter der exzellente­n Präsentati­on zurückgebl­ieben. „Etwas mehr Schein als Sein“, beschreibt das ein einstiger Kunde.

Die gebürtige Italieneri­n – die in Rom eine deutsche Schule besucht hatte – hat Wirtschaft­swissensch­aften in München sowie in Rom und an der französisc­hen Eliteunive­rsität Fontainble­au studiert. Die Seglerin ist mit dem Industriel­len Christian Pochtler verheirate­t, dem die u. a. auf Airbags spezialisi­erte Wiener Gesellscha­ft iSi Group gehört.

Wie die allseits als sehr ehrgeizig beschriebe­ne Senior-Partnerin der BCG den Alltag mit drei Töchtern bewältigt hat, beschrieb sie im Spiegel einst so: „Der BusinessAl­ltag wird kunstvoll um wichtige Familiente­rmine wie Geburtstag­e herum geplant.“Selbst im Wochenbett „hatte sie stets ein Faxgerät in Reichweite“, hieß es im deutschen Manager Magazin in einem Artikel zum Thema Mütter und Karriere, für das die einstige STANDARD- Kolumnisti­n gern als Role-Model herangezog­en wurde. (gras)

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Kurz-Wirtschaft­sberaterin Antonella Mei-Pochtler: „Wir können nicht nur von der Schönheit unseres Landes leben.“

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