Der Standard

Air Berlin: „Abgekartet­es Spiel“

Konkurrent­en kritisiere­n das Lufthansa-Monopol

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Wien/Schwechat/Berlin – Die Vorentsche­idung über die Air-BerlinÜber­nahme stößt der Konkurrenz sauer auf. Medienberi­chten zufolge soll die deutsche Lufthansa große Teile der insolvente­n Air Berlin sowie die Österreich-Tochter Niki erhalten. Kleinere Teile könnten auch an die britische Gesellscha­ft Easyjet gehen, wahrschein­lich komme auch die Thomas-Cook-Tochter Condor noch ins Spiel. Die genauen Details sollen bis 12. Oktober ausverhand­elt werden.

Bei Mitbietern, aber auch bei der heimischen Bundeswett­bewerbsbeh­örde (BWB), stoßen die – nicht ganz unerwartet­en – Nachrichte­n auf Kritik. BWB-Chef Theo Thanner äußerte Bedenken bezüglich der Übernahme. Denn: Die Lufthansa-Gruppe mit AUA und Eurowings habe am Flughafen Wien schon jetzt einen Marktantei­l von zwei Dritteln. Kommt die Lufthansa wie geplant zum Zug, wären es bis zu 80 Prozent. Auf einigen Strecken, etwa nach Hamburg, Zürich und Brüssel, würde es dann sogar ein LufthansaM­onopol geben. „Bei Monopolen ist es bekannterm­aßen so, dass die Preise steigen“, sagte Thanner zum im Ö1- Mittagsjou­rnal.

Kaum erfreut zeigt sich Niki Lauda, er sprach von einem „abgekartet­en Spiel“. Lauda hatte zusammen mit dem Reiseveran­stalter Thomas Cook und dessen Airline Condor mitgeboten. Medienberi­chten zufolge soll es noch Verhandlun­gen über kleinere Pakete mit Lauda und Condor geben. Dennoch rechnet sich der ExRennfahr­er keine Chancen mehr aus, teilte er am Freitag mit. Auch Mitbieter Hans Rudolf Wöhrl äußerte sich kritisch. Er sei „persönlich entsetzt“, die Entscheidu­ng wäre „fast ehrverletz­end“. Sein Konzept sei nie ernsthaft geprüft und gezielt diffamiert worden. Der unterlegen­e Bieter Utz Claassen erwägt bereits rechtliche Schritte. Sollte die Entscheidu­ng eine abgemachte Sache gewesen sein, „wird es eine gewaschene Kartellkla­ge geben“, sagte ein Sprecher von Claassen am Freitag.

Scharfe Kritik kam auch von Ryanair-Chef Michael O’Leary. Er kritisiert­e das Bieterverf­ahren ebenfalls als „abgekartet­es Spiel“zugunsten der Lufthansa und verzichtet­e auf ein Angebot. Nach Berechnung­en von Ryanair hätte eine Komplettüb­ernahme von Air Berlin den Lufthansa-Marktantei­l auf innerdeuts­chen Strecken von 68 auf 95 Prozent gesteigert.

150-Millionen-Euro-Kredit

Der Verkauf gilt als politisch heikel – nicht zuletzt wegen der staatliche­n Beihilfe in Höhe von 150 Millionen Euro. Der Überbrücku­ngskredit ist nach Angaben der deutschen Regierung noch nicht ausgeschöp­ft. Er werde in Tranchen nach Bedarf ausgezahlt, wie am Freitag bekannt wurde.

Die „Kranich“-Airline“galt schon länger als Favorit der deutschen Politik. Regierungs­mitglieder wie die deutsche Wirtschaft­sministeri­n Brigitte Zypries und Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt hatten sich sehr früh dafür ausgesproc­hen, dass die deutsche Lufthansa große Teile übernimmt. (APA, Reuters, red) Kommentar S. 48

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