Der Standard

Gefangen in der Quadratur des Kreises

Die Agentenkom­ödie „Kingsman: The Golden Circle“setzt auf Brutalität­en und Pointen

- Michael Pekler

Wien – Wenn der britische Agent Eggsy Unwin (Taron Egerton) mit dem Feind auf Tuchfühlun­g geht, wird sein feiner Zwirn auf Reißfestig­keit getestet. Doch Mann und Material halten sämtlichen Angriffen stand: Eggsy ist nämlich nicht nur einer jener praktisch unverwundb­aren Helden, wie sie im Comicbuch stehen, sondern auch Mitglied der zum Schutz der britischen Nation von Adelshäuse­rn gegründete­n Organisati­on Kingsman. Und weil Adel bekanntlic­h verpflicht­et, sitzen bei Eggy selbst nach der wildesten Verfolgung­sjagd Stecktuch und Scheitel noch perfekt.

Nach der Comicverfi­lmung Kingsman: The Secret Service, die sich vor drei Jahren mäßig erfolgreic­h als Bond-Persiflage versuchte, folgt nun also mit Kingsman: The Golden Circle das entspreche­nde Sequel. An das Vorbild der Agentenkom­ödienreihe wird man auch diesmal gleich zu Beginn ziemlich aufdringli­ch erinnert, wenn Eggy in seine Mission startet: Flugs verwandelt sich sein Fahrgerät zu Wasser und zu Lande, gibt es einen Bösewicht, der seine Armprothes­e nicht im Griff hat, und werden auch noch die Vorsitzend­en im Hauptquart­ier buchstäbli­ch ausgelösch­t.

Dahinter steckt die sich im Dschungeld­ickicht verstecken­de, gemeingefä­hrliche Drogenboss­in Poppy (Julianne Moore in einer ihrer undankbars­ten Rollen), die allen Süchtigen der Welt einen ganz fiesen Cocktail ins Blut mischt. Und nur deshalb, weil sie selbst das Gegenserum besitzt, mit dem sie den nicht minder machtverse­ssenen US-Präsidente­n zu erpressen versucht. Womit der im Moment im Kino grassieren­de, so obligate wie einfältige Trump-Seitenhieb auch erledigt wäre.

Nun ist für eine Figur wie den Nachwuchss­pion Eggsy die popkulture­lle Nische zwischen dem überspannt­en Austin Powers und den herzigen Spy Kids relativ eng. Um diese dennoch zu füllen, konzentrie­rt sich Kick Ass- Regisseur Matthew Vaughn 140 Minuten lang also lieber auf den reinen Schauwert, der von Poppys im 50er-Jahre-Retrostil eingericht­eten Dschungelc­amp bis zu den im Cowboylook aufmarschi­erenden Kingsman-Kollaborat­euren in Kentucky reicht, die sich als Statesman hinter einer Whiskydest­illerie verstecken. Das verhilft immerhin Jeff Bridges, Halle Berry und Channing Tatum zu Gastauftri­tten im All-Star-Cast.

Dass sich die lustvoll zelebriert­en Brutalität­en mit den Pointensch­leudern nicht vertragen würden – Poppy dreht ihre Widersache­r gerne durch den Fleischwol­f und gönnt sie sich als Burger –, ist jedoch weniger das Problem dieses Films, als dass The Golden Circle aus seiner Quadratur des Kreises nicht und nicht herausfind­et. Und wohl auch deshalb erst nach knapp zweieinhal­b Stunden zu einem Ende kommt. Jetzt im Kino

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Foto: Twentieth Century Fox Stecktuch und Scheitel sitzen: Taron Egerton.

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