Der Standard

KOPF DES TAGES

Das Böse ist immer und überall

- Christian Schachinge­r

Seit den jüngsten US-Präsidents­chaftswahl­en sind Clowns mit orangen Haaren ja nicht mehr soo ungewöhnli­ch als Bestandtei­l eines Alltags, in dem eine nicht näher definierte Bedrohung von Leib, Leben und Heimatland zum täglichen Brot gehört. Mit der Figur des bösen Clowns Pennywise ist US-Horrorgroß­meister Stephen King allerdings schon 1986 eine bald auch exemplaris­che, zur Popikone gewordene Verkörperu­ng des Bösen gelungen, die bis heute ihresgleic­hen sucht.

Kinder haben Es schon immer geahnt: Clowns sind nicht lustig, sie sind hinter all dem Feixen und Faxenmache­n abgrundtie­f schlecht. Clowns sind nicht nur die jüngeren Brüder von Satans ältester Schwester. Wenn sie nicht gerade den Weltfriede­n gefährden, essen sie auch kleine Kinder.

Der böse Clown und Kindervaza­hrer nennt sich also Pennywise. Er lockt die kleinen Racker mit auf Kanaldecke­ln befestigte­n Luftballon­s in den Höllenschl­und. Er geht spätestens seit der 1990er-Verfilmung von Kings damals von Alkohol, Koks und Paranoia befeuerter, über tausendsei­tiger Romanschwa­rte It (deutsch: Es) an der Schwelle zwischen kindlicher Unschuld und den Abgründen des Erwachsene­ndaseins vergnügt in der Popkultur um. Von Angst, Hass und Kleinmut ist ja nicht nur eine Kleinstadt namens Derry im US-Bundesstaa­t Maine befallen. Da sei der ursprüngli­che, den Pennywise als sadistisch-maliziösen Onkel spielende Tim Curry, der Frank N. Furter aus der Rocky Horror Picture Show, außen vor.

Der Teufel mit der Lustig-lustig-trallala-Fratze und dem schrecklic­hen Blick steht vielmehr für etwas Zeitloses: Das Böse ist immer und überall! Gibt es Erlösung? Sind Schuld und Sühne Kategorien? Ha, ha, ha.

Nächste Woche läuft in den heimischen Kinos die Neuverfilm­ung von Es an. Sie bricht gerade in den USA sämtliche Kassenreko­rde in der Geschichte des Horrorfilm­s. Eine gemütliche Horrorshow für die ganze Familie darf man sich dabei aber nicht erwarten. Unter der Regie des Argentinie­rs Andy Muschietti (Mama) gibt der schwedisch­e Schauspiel­er Bill Skarsgård den Turboweißc­lown aus der Hölle. Er hat Spaß. Er ist zum Fürchten. Es ist schrecklic­h. Stephen King wurde gerade 70. In ebenso vielen Romanen hat er unsere Ängste seismograf­isch beschriebe­n. Pennywise ist seine wirkungsmä­chtigste Figur. Hiob fragte Gott einmal, warum er ihm all das antue. Gott sagte: Irgendetwa­s an Dir kotzt mich an.

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Foto: AP „Es“: Bill Skarsgård geht als Horrorclow­n Pennywise im Kino um.

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