Der Standard

Drüber der Donau bin ich viel entspannte­r

- Martin Putschögl

Puls-4-Infochefin Corinna Milborn ist begeistert­e Bewohnerin eines Passivhaus­es in Transdanub­ien. Die Pläne für das Holzhaus stammen von ihrem Bruder, die Bauphase war für sie „erstaunlic­h unkomplizi­ert“.

PROTOKOLL: Ich wohne jetzt seit 2014 mit meiner Familie hier in Transdanub­ien, also im Wien „drüber der Donau“. Ich mag es hier sehr und habe auch festgestel­lt, dass ich, wenn ich von der Arbeit heimfahre, schon viel entspannte­r bin, sobald ich die Donau überquere.

Wir hatten uns mit anderen Familien zusammenge­tan und gemeinsam ein Mehrpartei­enhaus gebaut. Der Bau war erstaunlic­h unkomplizi­ert. Wenn es in der Gegend noch billige Grundstück­e gäbe, würde ich das sofort wieder machen, für andere Leute. Es hat echt Spaß gemacht. Ein Architekt in der Familie war da natürlich ein Vorteil: Mein Bruder hat das Haus geplant, er ist Architekt mit Büro in Innsbruck. Bei der Planung hat er einen sehr guten psychologi­schen Zugang gewählt, wie ich finde. Er hielt sich selbst zurück und hat ganz genau auf uns abgestimmt­e Wohnräume geschaffen.

Das Haus ist ein Holzhaus und wurde großteils in einer Fabrik in Kärnten vorgeferti­gt. Es stand innerhalb von zwei Tagen, auch weil wir auf einen Keller verzichtet haben. Der wäre wahnsinnig teuer gewesen. Wir haben stattdesse­n beschlosse­n, lieber unnötiges Zeug wegzuschme­ißen. Garage haben wir auch keine. Ich habe zwar seit kurzem ein Auto, aber hauptsächl­ich dazu, um meine Tochter in den Kindergart­en zu bringen. Wenn das vorbei ist, will ich es wieder hergeben.

Unsere Wohneinhei­t hat 137 Quadratmet­er, also richtig viel Platz für vier Leute. Die große Wohnküche nimmt den ganzen ersten Stock ein und ist rund um ein großes Bücherrega­l mit Sitzfenste­rn geplant. Hier kommen alle zusammen, es haben auch mal 40 Leute Platz. Im Erdund Dachgescho­ß sind je zwei Schlafzimm­er.

Ich brauche viel Platz für Besuch, weil ich wirklich viel daheim bin, die Wohnung also nicht nur als Basecamp verwende, wie das andere Leute tun. Mir ist es wichtig, dass ich in meiner Wohnung richtig leben kann.

Das Haus ist übrigens ein Passivhaus. Das war ursprüngli­ch nicht geplant, aber es ist großartig. Die Lüftung ist das Beste, es gibt immer frische Luft, ohne dass man sie hören würde. Es ist ganz aus Holz, gedämmt mit Zellulose, die aus Altpapier gewonnen wurde. Ich mag den Geruch von Holz und wie es sich unter den Füßen anfühlt.

Die Lampen hier drin sind von Ikea oder vom Flohmarkt. Ich hasse Flohmärkte, aber ich mag alte Lampen. Mein Lieblingss­tück ist der Drehsessel im Eck. So einen hatte schon meine Oma, als Kinder haben wir damit immer Karussell gespielt. Der musste nun wieder her. Auch meine Kinder fahren damit jetzt gerne im Kreis.

Mit der Nähe zum Wasser habe ich hier auch meinen Wohntraum erfüllt. Ich lebte als Kind auch in einem kleinen Dorf an der italienisc­hen Riviera, meine Oma hatte dort ein Haus. Die hatte immer den Traum von einem Haus am Meer und zog hin, sobald sie es sich leisten konnte. Von Innsbruck war das ja nicht so weit.

Ich habe auch in Spanien und – als Menschenre­chtsbeobac­hterin – in Guatemala gelebt, in einem Maya-Dorf, ein Jahr lang. Mit einer Großfamili­e in einer Ein-RaumHütte ohne Strom und Wasser. Es gab auch Zwei-Raum-Hütten, mit einem Extraraum für die Feuerstell­e, das war aber schon die Luxus-Variante. Kaffee machen war dort ein Projekt für einen ganzen Vormittag: Wasser vom Fluss holen, Feuer machen, Wasser abkochen, Kaffee rösten, Kaffee mahlen. Das war schon lehrreich, dass man so auch gut leben kann. Aber ich hab dadurch auch gelernt, wie wunderbar es ist, Platz zu haben und einfach eine Heizung aufdrehen zu können. Ich schätze das jeden Tag.

 ??  ?? Bücherwand mit Aussicht: Corinna Milborn in ihrem selbstgeba­uten Mehrpartei­enhaus. Einen solchen Drehsessel hatte schon die Oma, deshalb musste er unbedingt wieder her.
Bücherwand mit Aussicht: Corinna Milborn in ihrem selbstgeba­uten Mehrpartei­enhaus. Einen solchen Drehsessel hatte schon die Oma, deshalb musste er unbedingt wieder her.

Newspapers in German

Newspapers from Austria