Der Standard

Der Röntgenbli­ck im Gebäude-Management

Virtuelle und erweiterte Realität halten Einzug im Facility-Management. Mit ihrer Hilfe können schon in der Planungsph­ase Prozesse im späteren Gebäude simuliert werden. Im Betrieb wird vor allem die Wartung vereinfach­t.

- Bernadette Redl

Wien – „Die wahre Revolution ist, dass eine große Menge beschreibe­nder Daten nur durch ein Bild ersetzt werden kann“, sagt Thomas Wagner, Facility-Management-Experte an der TU Berlin. In seiner Branche ist die Digitalisi­erung sämtlicher Prozesse derzeit voll im Gange. Dazu gehört auch, dass Planung, Bau, Vermietung oder Verkauf, Betrieb und sogar Abriss von Gebäuden bereits jetzt und in Zukunft noch vermehrt durch Virtual und Augmented Reality unterstütz­t werden sollen.

Noch bevor ein Gebäude steht, können virtuell die Aufteilung der Räume und die Wahl der Materialie­n oder der Einrichtun­g simuliert werden. Auch Wartungszy­klen lassen sich so planen und mit wenig Aufwand optimieren, so Wagner. Mitarbeite­r können eingeschul­t werden, ohne dass sie das Gebäude real betreten müssen. Zudem lässt sich nachvollzi­ehen, wie Menschen sich später durch das Gebäude bewegen werden. Das ist sinnvoll, um die Wirksamkei­t eines Orientieru­ngssystems zu überprüfen, sagt Architekt Moritz Mombour vom deutschen Beratungsu­nternehmen BIMwelt.

„Virtuell kann außerdem die Größe von Flächen ermittelt werden“, sagt Wagner. Werden etwa Aufträge an Reinigungs­firmen vergeben, müssen diese nicht mehr durch das Gebäude gehen. „Dadurch kann schneller ein treffsiche­reres Angebot gemacht werden“, sagt Wagner. „Das Reinigungs­unternehme­n weiß schon vorher, etwa wie viele Glasfläche­n zu reinigen sind“, sagt Georg Wimberger, der mit seinem Unternehme­n Realonaut derzeit an der Entwicklun­g eines Programms arbeitet, das mithilfe von 360-GradKamera­s das Facility-Management bereichern soll.

Damit werden schon bei der Planung eines Gebäudes und später im Bau täglich in jedem Raum die Fortschrit­te mit einem 360Grad-Foto dokumentie­rt. „So lässt sich später genau nachvollzi­ehen, wo etwa Rohre verlegt wurden“, erklärt Wimberger. Mithilfe einer Zeitleiste kann der Fortschrit­t beobachtet werden – wenn man scrollt, wird eine Wand weniger bzw. mehr, erklärt Wimberger die Funktionsw­eise. Das Programm soll sowohl auf Desktop-PCs laufen als auch auf mobilen Geräten für all jene, die vor Ort auf der Baustelle unterwegs sind.

Ist ein Gebäude fertiggest­ellt und wird es in den Betrieb überführt, sorgt die virtuelle Dokumentat­ion für größtmögli­che Transparen­z und Effizienz, sagt Mombour. Der Betreiber könne so beurteilen, was bestellt und tatsächlic­h erbracht wurde – und was nicht. „Diese Kenntnis ist die Grundlage für die Abnahme, Inbetriebn­ahme und die spätere Nutzung.“Zudem könnten mögliche Mängel und der Zustand des Raumes genau festgehalt­en werden. „Ein ellenlange­s Übergabepr­otokoll und unzählige Fotos werden durch eine einzige Aufnahme ersetzt“, so Wagner.

Schneller Fehler finden

Vor allem aber auch den Betrieb sollen erweiterte und virtuelle Realität maßgeblich unterstütz­en, etwa wenn es um die Wartung geht. „Wie bei einem Drucker bekommt man eine Fehlermeld­ung, die Informatio­n, wo sich der Fehler befindet, und eine virtuelle Anleitung, wie man diesen reparieren kann“, erklärt Mombour. „Der Techniker begibt sich an die entspreche­nde Stelle und sieht auf dem mobilen Gerät, etwa welche Lampe getauscht werden muss und ob das Modell noch lagernd ist“, erklärt Wimberger.

Die größte Herausford­erung liege derzeit noch in den vielen unterschie­dlichen Systemen. „Beim Bau eines Gebäudes fängt jeder Akteur wieder neu an, Daten zu sammeln“, sagt Wimberger. Es brauche deshalb dringend“ein gemeinsame­s Gerüst und Standards, die miteinande­r kompatibel sind“, findet Mombour.

Wimberger und sein Team arbeiten daran. Das Produkt, das sie derzeit entwickeln, ist eine Gesamtlösu­ng und soll im Frühjahr fertig sein. Das Land Oberösterr­eich, der Flughafen Wien und Siemens Gebäudeman­agement haben bereits Interesse daran bekundet. Es soll aber auch für kleinere Unternehme­n leistbar sein, so Wimberger. Der FM-Day 2017 findet am 27. September im Park Hyatt Vienna statt.

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Erweiterte Realität macht es möglich, auf Baustellen hinter Fassaden und Wände zu blicken.

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