Der Standard

„Ein Elefant geht nicht durchs Nadelöhr“

Die Frauenmini­sterin und drei Quotengegn­er auf dem Podium: Diversity, ja bitte, staatliche Eingriffe, nein danke. Eine Diskussion zwischen „Rabenmütte­rn“und Selbstvers­tändlichke­iten in modernen Unternehme­n.

- Karin Bauer

Wien – Quotendisk­ussion. Bei solchen Gelegenhei­ten nimmt die Frauenmini­sterin – Börsianer würden sagen: „full exposure“. Facebook-Chefin Sheryl Sandberg nennt das: „lean in“. Konkret: Pamela Rendi-Wagner stellt sich auch selbst zur Verfügung: „Ich wurde oft als Rabenmutte­r bezeichnet – von Frauen interessan­terweise –, weil ich nach den Geburten der beiden Kinder sehr schnell wieder arbeiten gegangen bin und immer gesagt habe, dass mir auch die berufliche Erfüllung wichtig ist.“Bei solchen Ansprachen ist die Überzeugun­g so eindeutig, dass kein Zwischenra­um bleibt.

Leicht hatte es die Ministerin mit der Quote beim Gender Diversity Forum von Gastgeberi­n Eva Fischer (Partnerin der Sozietät Wolf Theiss) in der Vorwoche auf dem Podium dennoch nicht: Die Spitzenman­ager links und rechts halten nichts von der Regelung, die für Aufsichtsr­äte ab kommen- dem Jahr in Kraft tritt, um dort durch Besetzung mit freiwerden­den Mandaten den Frauenante­il auf 30 Prozent zu erhöhen. Wienerberg­er-Chef Heimo Scheuch argumentie­rt aus komfortabl­er Position einer bereits übererfüll­ten Quote stark gegen Reglementi­erungen und erinnert im Seitenhieb daran, dass sich die Politik auch bezüglich Quote mal selbst reglementi­eren könnte. Grundsätzl­ich bleibt Scheuch allerdings auf unangreifb­arem Niveau: Es gehe um Diversität, die wohl mehr bedeute als Frauenförd­erung, und: Jedes erfolgreic­he Unternehme­n arbeite bereits seit langem an Diversität auf allen Ebenen. Das sei eine Frage der Zukunftsfä­higkeit, eine Frage des Wettbewerb­s der Talente: „Ich habe im Aufsichtsr­at auch nur mehr zwei Österreich­er.“Persönlich, lässt er wissen, sei er über Quotendisk­ussionen erhaben: „Nur Männer am Tisch ist doch nicht förderlich, das weiß doch jedes Kind. Reine Männerclub­s sind abscheulic­h.“

Karin Exner-Wöhrer, die CEO der Salzburger Aluminium-Gruppe, outete sich im Vorjahr in der Zeit online als Gegnerin der Quote und machte klar, dass sie keine Feministin ist. Ob sich diese Haltung verändert habe? „Vertieft“, antwortet sie herb, „als Eigentümer­in kann ich nicht für die Quote sein, das geht den Staat nichts an.“Da stelle sich ja immer auch die Frage: „Was kommt als Nächstes – es gibt ja außerdem nicht nur zwei Geschlecht­er.“Diese Quote sei „reiner Populismus“, was gesetzlich herausgeko­mmen ist, „geht gar nicht“.

Exner-Wöhrer ist nahezu belustigt über die Schlupflöc­her des neuen Gesetzes, etwa: Wenn in der Belegschaf­t nicht 20 Prozent Frauen arbeiten, dann gilt die Quotenvors­chrift für den Aufsichtsr­at nicht, auch wenn die Firma über 1000 Mitarbeite­r hat und/oder börsennoti­ert ist. Ihr Unternehme­n mit 1200 Mitarbeite­rn und 13 Prozent Frauen in der Belegschaf­t sei also nicht betroffen. Sowieso habe sie eine Selbstverp­flichtung im Betrieb, wonach natürliche Fluktuatio­n mehr Frauen bringen soll. Den Männern nimmt sie klar die Angst: „Wir werden uns nicht von einem guten Mann trennen, um Platz für eine gute Frau zu machen.“

Wie immer bei diesem Thema, wird „Quotenfrau“diskutiert: Ist das ein Schimpfwor­t? Eine Erniedrigu­ng? Egal? Applaus gab es für Publikumsm­eldungen, wonach dieser Terminus halt ein paar Jahre zu ertragen sei, bis das Thema erledigt ist.

Platzverwe­is für Politik

Noch eine Quotengegn­erin auf dem Podium: Elisabeth Stadler, die CEO der Vienna Insurance Group. Auch sie übererfüll­t bereits die kommende Vorschrift und weist unterhalb der Vorstandse­bene über 40 Prozent Frauen aus – eine gute Argumentat­ionsbasis gegen gesetzlich­e Regelungen. Sie fördere auch Diversität, nicht speziell Frauen, weil sie Frauen sind. Die Politik solle vielmehr dafür sorgen, dass Frauen sich auch für eine Karriere entscheide­n und diese durchhalte­n können. Das Phänomen der „leaky pipeline“, also dass Frauen nach Karenzzeit­en aus der Karrieresp­ur fallen, sei ja bekannt und erwiesen. Also: Infrastruk­tur ausbauen und Rahmen schaffen – das sei staatliche Aufgabe.

Die Frauenmini­sterin bejahte das als Fokus ihrer politische­n Anstrengun­g. Und macht gekonnt den Schwung: Die auf dem Podium vertretene­n Unternehme­n hätten den Mehrwert von Frauen in Führung, von Diversität erkannt und agierten danach – wären alle so, dann hätten wir die Quote nicht gebraucht, sagt Rendi-Wagner.

Sie hat mehr als den Gerechtigk­eitsjoker im Ärmel: Tatsächlic­h seien aber nun einmal nur sieben Prozent Frauen in operativer Top-Führung und nicht einmal 18 Prozent in Aufsichtsr­äten. Selbstverp­flichtung habe nicht gewirkt, Beispiele aus anderen Ländern und Studien – sie zitiert etwa jene der London School of Economics – belegten zudem, dass mehr Frauen im Aufsichtsr­at insofern wirkten, als sich dadurch „nach unten“im Unternehme­n auch der Frauenante­il erhöhe. Abgesehen vom mehrfach errechnete­n volkswirts­chaftliche­n Nutzen.

Ob sie schon Vorstandsq­uoten – wie in Deutschlan­d vonseiten der Familienmi­nisterin (SPD) aktuell diskutiert – plane? „Ein Elefant geht nicht durchs Nadelöhr“, lacht sie und lenkt den Fokus auf die anstehende Umsetzung der Aufsichtsq­uote.

Sie sei zuversicht­lich, dass nun Bewegung in das gesamtgese­llschaftli­che Thema komme. Dann werde man ja sehen.

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Mehr als 200 Gäste beim Gender Diversity Forum von Wolf Theiss im Wiener Hotel Sofitel: Karin Exner-Wöhrer (CEO Salzburger Aluminium-Gruppe), Frauenmini­sterin Pamela Rendi-Wagner, Elisabeth Stadler (CEO Vienna Insurance Group) und Heimo Scheuch, CEO...
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