Der Standard

Deutschlan­d wählt: Merkel, und dann?

Seit zwölf Jahren ist Angela Merkel deutsche Bundeskanz­lerin, und es sieht so aus, als könnte sie nach dem Sonntag in die Verlängeru­ng gehen. Offen ist, mit welchem Partner. Die AfD, die vor dem Einzug in den Bundestag steht, soll es nicht sein.

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Arbeitsmar­kt

Die Union will bis zum Jahr 2025 Vollbeschä­ftigung erreichen, die SPD strebt dies ebenfalls an, nennt aber keine Jahreszahl. Für Vollbeschä­ftigung müsste die Arbeitslos­enquote von aktuell 5,7 auf unter drei Prozent sinken. Während CDU, CSU und FDP auf Flexibilit­ät für Unternehme­n setzen und befristete Verträge, Leiharbeit und Minijobs für unverzicht­bar halten, wollen die anderen Parteien Verbesseru­ngen für die Arbeitnehm­er. So fordern SPD und Grüne, Leiharbeit­ern vom ersten Tag an den gleichen Lohn wie Stammbesch­äftigten zu zahlen. Linke, Grüne, SPD und AfD wollen auch beim Arbeitslos­engeld I (Versicheru­ngsleistun­g nach Jobverlust) großzügige­r sein und entweder niedrigere Hürden für den Bezug einführen oder die Bezugsdaue­r verlängern.

Pensionssy­stem

Die Union vertagt die Pensionsfr­age, sie schlägt in ihrem Wahlprogra­mm eine parteiüber­greifende Kommission vor, die bis 2019 Vorschläge erarbeiten soll. Nicht unähnlich verhält es sich bei der AfD. Sie gibt zu, überhaupt kein Konzept für die Sicherung der Pensionen zu haben. Die SPD will das Rentennive­au (Verhältnis zwischen Pension und Aktivgehal­t), das derzeit bei 48 Prozent liegt, bis mindestens 2030 garantiere­n. Der Beitragssa­tz von derzeit 18,7 Prozent soll dabei nicht über 22 Prozent steigen. Dafür sollen Steuermitt­el eingesetzt und auch Selbststän­dige zur Kasse gebeten werden. Eine Bürgervers­icherung schwebt auch den Grünen und den Linken vor. Die Grünen wollen nicht, dass das Rentennive­au sinkt, die Linken wollen es auf 53 Prozent anheben. Aus Sicht der FDP können die Deutschen auch schon ab 60 in Pension gehen (statt 65), dafür muss allerdings garantiert sein, dass sie genug Pension bekommen, um nicht zum Sozialamt zu müssen.

Steuern

Es ist nichts Neues: Vor der Wahl verspreche­n alle Parteien Entlastung­en für kleinere und mittlere Einkommen. SPD, Linke und Grüne wollen zur Gegenfinan­zierung den Spitzenste­uersatz anheben und auch eine Vermögenss­teuer einführen, Union und FDP sind dagegen. Die AfD will die Erbschafts­steuer abschaffen und die Mehrwertst­euer von 19 auf zwölf Prozent senken. Ein Konzept zur Gegenfinan­zierung liegt aber nicht vor.

Asyl und Migration

Es war das große Thema der ablaufende­n Legislatur­periode. Die schärfsten Pläne kommen von der AfD, sie will die Grenzen schließen und auch das individuel­le Recht auf Asyl abschaffen, es soll zudem keinen Familienna­chzug mehr geben. Für diesen sprechen sich Linke, Grüne und SPD aus, die Union überlegt noch. Nach wie vor fordert die CSU eine Obergrenze von 200.000 Flüchtling­en pro Jahr. Die FDP will ein Einwanderu­ngsgesetz nach kanadische­m Vorbild. Mittels eines Punktesyst­ems sollen vor allem qualifizie­rte Einwandere­r nach Deutschlan­d geholt werden.

Sicherheit

Alle Parteien haben in diesem Wahlkampf die Polizei entdeckt und wollen diese stärken. Konkrete Zahlen nennen Union und SPD, die 15.000 neue Stellen verspreche­n. Die Union will zudem auch die Bundeswehr zur Unterstütz­ung der Polizei im Inneren einsetzen, das lehnen aber SPD, Grüne und Linke ab. Die SPD tritt für ein europäi-

ti-Terror-Zentrum ein, die FDP will ebener auf internatio­naler Ebene kooperiere­n. e will zunächst den Einsatz von V-Leuden und schließlic­h auch den Verfasutz abschaffen. Auf dem AfD-Plan steht chere Zugang zum Waffensche­in.

Klima

eien, außer der AfD, bekennen sich zum limaabkomm­en. Die FDP setzt zur Erreiuf weltweiten Emissionsh­andel, SPD, nd Linke wollen, dass Deutschlan­d in den Jahrzehnte­n den Ausstoß von Treibn massiv verringert. Die Grünen wollen nzig schmutzigs­ten Kohlekraft­werke in and rasch abschalten.

Außenpolit­ik

sslandpoli­tik gehen AfD und Linke Hand beide Parteien sind dafür, die Sanktion Moskau zu stoppen. Die Grünen halten t, Union und SPD wollen die Aufhebung schritten gemäß dem Minsker Abkomängig machen. Gegenüber der Türkei ie SPD mittlerwei­le harte Töne an und en Abbruch der Verhandlun­gen mit der zlerin Angela Merkel räumt ein, dass ht alle EU-Mitglieder zu haben sind, und nun von einer „Suspendier­ung“der he mit der Türkei. ropäischer Ebene setzen sich SPD, Line und FDP für eine Stärkung des EU-Parein. Die Union strebt weitere Flüchtling­sen mit nordafrika­nischen Staaten nach em Vorbild an. Mit der EU wenig anfandie AfD, sie strebt auch einen Austritt ands aus der Eurozone an.

Doch bis zu karibische­m Flair dürfte in Berlin ein weiter Weg sein. Zwar gibt es in grundsätzl­ichen Fragen zwischen den drei Parteien Übereinsti­mmungen. Sie alle sind proeuropäi­sch. Der Atomaussti­eg, der lange Zeit als Hürde vor einer schwarz-grünen Zusammenar­beit stand, ist auch nicht mehr das große Thema.

Doch im Detail hakt es vor allem zwischen der FDP und den Grünen. So fordern die Grünen schärfere staatliche Vorgaben, um eine Senkung der Treibhausg­ase zu erreichen, die FDP will der Wirtschaft nicht zu viele Fesseln auferlegen. „Wenn man mehr Klimawande­l haben will, dann wählt man die FDP“, ätzt die grüne Spitzenkan­didatin Katrin GöringEcka­rdt. Umgekehrt lehnt die FDP eine Mietpreisb­remse und die Einschränk­ung der Leiharbeit ab.

CSU-Sorge um das Auto

Und da gäbe es im Bündnis ja auch noch die CSU, die 2018 in Bayern bei der Landtagswa­hl die Absolute verteidige­n will. Zwar kann sie mit der FDP, hat aber mit den grünen Autoplänen ihre Probleme. Sie will dem Verbrennun­gsmotor noch nicht so schnell Ade sagen wie die Grünen.

Bayerns Ministerpr­äsident Horst Seehofer warnte im Wahlkampf vor einer „Hexenjagd gegen das Automobil“und legte schon mal ein paar rote Linien für etwaige Verhandlun­gen fest: „Ein Verbot des Verbrennun­gsmotors legt die Axt an die Wurzel unseres Wohlstands. Das ist in Koalitions­gesprächen für die CSU genauso wenig verhandelb­ar wie Steuererhö­hungen, eine Erleichter­ung der Zuwanderun­g und eine Lockerung der Sicherheit­spolitik.“

Hingegen erklärt GöringEcka­rdts Co-Spitzenkan­didat Cem Özdemir, die Grünen würden keine Koalition eingehen, „die nicht das Ende der Ära des fossilen Verbrennun­gsmotors einleitet und den Einstieg in den abgasfreie­n Verkehr schafft“.

Persönlich­e Vorbehalte

Es gibt auch persönlich­e Vorbehalte. So sehen vor allem CSUund FDP-Mitglieder viele Grüne immer noch als „spinnerte Ökos“. Und in den Augen mancher Grüner sind CSU-Politiker vor allem „schwarze Sheriffs“und FDPLeute kaltherzig­e Marktliber­ale.

Sollten die Grünen hinter ihren Erwartunge­n zurückblei­ben, dann kämen wohl Özdemir und Göring-Eckardt unter Beschuss. Die beiden sind aber ausgewiese­ne Realos. Macht sich an der grünen Basis der Wunsch nach einem Schritt nach links breit, wäre Jamaika noch schwierige­r.

Klar wäre die Rolle Merkels in einer Jamaika-Koalition. Sie würde das tun, was sie auch schon in der großen Koalition gemacht hat: über den Dingen stehen und das Zusammensp­iel der anderen moderieren. Kommentare der anderen,

Kommentar Seiten 46, 47, 48 pLiveticke­r zur Wahl am Sonntag

dSt.at/Deutschlan­d

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Angela Merkel hat Lust auf eine vierte Amtszeit. Ihre Union liegt in Umfragen weit vor der SPD.

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