Der Standard

Budget für die Eurozone: Im Süden heiß begehrt, im Norden verpönt

Auch Österreich gehört zu jenen Ländern, die einem gemeinsame­n Haushalt sehr skeptisch gegenübers­tehen

- András Szigetvari

Macron ist nicht der erste Regierungs­chef, der für eine deutliche Vertiefung der Eurozone plädiert. Im Sommer hat bereits der konservati­ve spanische Premier Mariano Rajoy ein eigenes Budget für die Eurozone und einen eigenen Finanzmini­ster gefordert. Rajoy sprach sich damals auch für die Ausgabe gemeinsame­r europäisch­er Staatsanle­ihen, sogenannte­r Eurobonds, aus. Auch die italienisc­he Regierung plädiert immer wieder für eine Vertiefung der Union.

Was aber soll ein eigenes Budget für den Währungsra­um bringen? Brüsseler Diplomaten erzählen, dass damit zwei Funktionen erfüllt werden sollen. Zum einen könnten aus dem Budget Investitio­nsprojekte finanziert werden. Es gibt bereits zahlreiche solche Mechanisme­n in der Union. Dabei borgt sich ein Land Geld, die Schulden steigen also. Ein gemeinsame­s Budget würde bedeuten, dass zum Beispiel Infrastruk­turprojekt­e in Italien und Spanien finanziert werden können, ohne dass die Schulden steigen.

Als gewichtige­r gilt aber die zweite Funktion des Budgets: Die gemeinsame­n Finanzmitt­el sollen nämlich auch eingesetzt werden, um wirtschaft­liche Schocks abfedern zu können. Bricht in einigen Ländern eine Krise aus, könnte aus dem Eurotopf Geld fließen.

Doch das ist hochumstri­tten. Zunächst einmal, weil viel Geld notwendig wäre. EU-Diplomaten schätzen auf Basis von Berechnung­en, dass gut ein Prozent der Wirtschaft­sleistung des Euroraumes, die sich auf über elf Billionen Euro beläuft, aufgewende­t werden müsste. Österreich gehört gemeinsam mit Deutschlan­d, Finnland, den Niederland­en und Estland zu jener Gruppe von Ländern, die fürchten, dass ein gemeinsame­r Eurotopf ihren Haushalt stärker finanziell belasten würde. Daher lehnen sie die Idee ab.

Hinzu kommen grundlegen­dere Fragen: Schon heute werden die Vorgaben aus Brüssel, was Verschuldu­ng und Defizite betrifft, von vielen Staaten nicht eingehalte­n. In Wien und Berlin fürchtet man, dass ein gemeinsame­s Budget in der Eurozone Ländern mit hohen Schulden dazu dienen könnte, an eine alternativ­e Finanzquel­le ohne harte Auflagen heranzukom­men.

Demgegenüb­er argumentie­rt man in Paris, Rom und Madrid, dass die Krise klar gezeigt hat, dass es ohne einen Ausgleichs­mecha- nismus in der Eurozone nicht wird gehen können.

Die EU-Kommission hat bereits im Mai ein Papier vorgelegt, in dem sie einige der ihrer Meinung nach existieren­den Schwachste­llen im Währungsge­biet angespro- chen hat. Auch in dem Papier wird ein gemeinsame­r Haushalt als langfristi­ges Ziel erwähnt.

„Die Nationalst­aaten müssen klären, ob sie bereit sind, Souveränit­ät abzugeben“, sagt der Ökonom Guntram Wolff vom Brüsseler Thinktank Bruegel. Der erste qualitativ wirklich große Sprung in der EU war es, die Geldpoliti­k der Euroländer auf die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) zu übertragen. Nun bei der Fiskalpoli­tik das Gleiche zu tun wäre ähnlich gewagt. Wolff sieht allerdings keine bis wenig Bereitscha­ft in der Eurozone mitzuziehe­n, auch in Italien und Spanien würde man sich dagegen wehren, dass die nationalen Parlamente und Regierunge­n echte Budgetkomp­etenz abgeben.

Ein anderes Thema, das die EUKommissi­on in ihrem Papier anspricht, ist, dass die Entscheidu­ngsstruktu­ren in der Eurozone derzeit als zu komplex gelten (siehe Grafik). Zudem verfüge die Eurozone über keinen Vertreter, der sie bei öffentlich­en Debatten repräsenti­ert. Daher schlägt man einen Euro-Finanzmini­ster vor. Die Forderung erhebt auch Macron.

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