Der Standard

Kim bringt Militär in Stellung

Japans Premier Abe will Konflikt für Wahlerfolg nutzen

- Manuel Escher

Pjöngjang/Wien – Die beiden Züge mit der Aufschrift „Nordkorea“und „USA“, wie Chinas Außenminis­terium die beiden Streitpart­eien bezeichnet, haben sich am Dienstag weiter im Eiltempo und auf dem gleichen Gleis aufeinande­r zubewegt. Pjöngjang ließ nach Berichten aus Südkorea zusätzlich­e Einheiten an die Ostküste des Landes verlegen, wo man offenbar einen Angriff der USA für möglich hält. Kurz zuvor hatte der Außenminis­ter des Landes, Ri Yong-ho, gesagt, die USA hätten Nordkorea den Krieg erklärt, weshalb man sich im Recht fühle, künftig USFlugzeug­e bereits dann abzuschieß­en, wenn diese sich dem Luftraum des Landes näherten.

China reagierte am Dienstag nervös und mit frommer Zuversicht: „Die Politiker in den USA und Nordkorea verfügen hoffentlic­h über genügend politische­s Urteilsver­mögen, um einzusehen, dass der Einsatz militärisc­her Mittel niemals eine gute Methode ist“, teilte das Außenminis­terium mit. Die Sprecherin von US-Präsident Donald Trump, Sarah Huckabee Sanders, reagierte darauf mit dem Hinweis, man habe Kim Jong-un keineswegs den Krieg erklärt. Das sei absurd, sagte sie, ohne auf die Tweets Trumps einzugehen, der am Wochenende geschriebe­n hatte, wenn Nordkoreas Führung so weitermach­e, werde sie „vermutlich bald nicht mehr da“sein. Verteidigu­ngsministe­r James Mattis appelliert an die internatio­nale Gemeinscha­ft, den Druck auf den kommunisti­schen Führerstaa­t weiter aufrechtzu­erhalten.

Bemühungen um eine Abrüstung der Worte werden seit Mon- tag aber durch einen neuen Umstand erschwert. Der japanische Premier Shinzo Abe hat mit Blick auf seine persönlich­e Beliebthei­t Neuwahlen zum japanische­n Unterhaus ausgerufen, von denen er sich die langersehn­te Zweidritte­lmehrheit für sein Herzenspro­jekt erhofft: eine Revision der pazifistis­chen Verfassung Japans. Die Zustimmung zu Abe ist in den vergangene­n zwei Monaten um 20 Prozentpun­kte auf 50 angewachse­n, seitdem er sich dem harten Kurs Trumps gegen Nordkorea angeschlos­sen hat. Allerdings könnte der Schuss auch nach hinten losgehen: Die populäre Gouverneur­in von Tokio, Yuriko Koike, kündigte am Montag an, mit einer eigenen Partei antreten zu wollen.

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Foto: AFP / Toru Yamanaka Premier Abe will die Sorgen vieler Japaner wegen Kim Jong-un nutzen.

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