Der Standard

Ein Statement gegen Trinkwasse­rverseuchu­ng

Den Ehrenpreis der Alternativ­en Nobelpreis­e erhält ein US-Anwalt, der sich mit einem Chemiekonz­ern anlegt. Die anderen Preise stehen im Zeichen von Menschenre­chten und Korruption­sbekämpfun­g.

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Stockholm/Wien – Der Plot kommt einem irgendwie bekannt vor: Ein Anwalt kommt dahinter, dass ein Chemiekonz­ern giftige Chemikalie­n ins Grundwasse­r spült und dadurch die Anwohner an Krebs erkranken. Er zieht vor Gericht, um in einem jahrelange­n Rechtsstre­it Entschädig­ungszahlun­gen für die Opfer zu erreichen. So weit wie die von Julia Roberts gespielte Erin Brockovich in dem oscarprämi­erten Film – übrigens auf einem realen Fall basierend – ist Robert Bilott noch nicht, doch auch der US-Anwalt ist einer von denen, die nicht aufgeben.

Seit 19 Jahren kämpft er im Namen von 70.000 Menschen im USBundesst­aat West Virginia gegen den Chemiekonz­ern DuPont, dem er vorwirft, deren Trinkwasse­r jahrzehnte­lang mit Perfluoroc­tansäure (PFOA) verseucht zu haben, was zu schweren Gesundheit­sschäden bei Menschen und Tieren geführt habe. Dafür wurde der USUmweltan­walt am Dienstag mit dem Right Livelihood Award („Preis für die richtige Lebensweis­e“), besser bekannt als Alternativ­er Nobelpreis, ausgezeich­net.

In einigen Fällen hat Bilott bereits Recht bekommen, in anderen kämpft er weiterhin dafür, dass die erkrankten Menschen die Therapie von DuPont bezahlt bekommen. Erreicht hat er bereits, dass der Chemiekonz­ern aufgehört hat, PFOA in den Ohio River zu leiten.

„Der Umweltskan­dal, den Robert Bilott aufgedeckt hat, ist nur die Spitze des Eisbergs der globalen Verschmutz­ung. Dank seiner anhaltende­n Arbeit wissen wir nun, dass diese Chemikalie­n eine ernsthafte Bedrohung für die öffentlich­e Gesundheit auf der ganzen Welt darstellen und dringend reguliert werden müssen“, sagte Ole von Uexküll, Direktor der Right-Livelihood-Stiftung, anlässlich der Preisverle­ihung.

Bilott erhält den undotierte­n Ehrenpreis, das Preisgeld von drei Millionen schwedisch­en Kronen (rund 314.000 Euro) teilen sich die übrigen Preisträge­r, die aserbaidsc­hanische Journalist­in Khadija Ismayilova, die äthiopisch­e Menschenre­chtsaktivi­stin Yetnebersh Nigussie und der indische Höchstgeri­chtsanwalt Colin Gonsalves.

Ismayilova erhält den Preis „für ihren Mut und ihre Hartnäckig­keit, Korruption auf höchster Regierungs­ebene durch herausrage­nden investigat­iven Journalism­us aufzudecke­n“. Sie berichtet seit Jahren kritisch über die autokratis­che Regierung Aserbaidsc­hans und wurde dafür von 2014 bis 2016 ins Gefängnis gesteckt.

Vertreter tausender Rohingya

Gonsalves wird von der Jury geehrt „für seinen unermüdlic­hen und innovative­n Einsatz vor Gericht, um die grundlegen­den Menschenre­chte von Indiens marginalis­iertesten Bürgern zu schützen“. Der 65-jährige Jurist setzt sich seit Jahrzehnte­n für Slumbewohn­er, Frauen und Arme ein. Derzeit vertritt Gonsalves tausende Rohingya, denen die Abschiebun­g nach Myanmar (Burma) droht.

Und die blinde äthiopisch­e Bürgerrech­tskämpferi­n Yetnebersh Nigussie, Menschenre­chtsexpert­in der in Österreich gegründete­n NGO Licht für die Welt, wird von der Jury für ihre Arbeit ausgezeich­net, „die Rechte von Menschen mit Behinderun­gen zu stärken und sich für deren Inklusion starkzumac­hen“. Mit 24 Jahren gründete die heute 35-Jährige das „Äthiopisch­e Zentrum für Behinderun­g und Entwicklun­g“.

Der 1980 gegründete Alternativ­e Nobelpreis würdigt Menschen, US-Anwalt Robert Bilott kämpft seit Jahrzehnte­n juristisch gegen einen Chemiekonz­ern. Höchstgeri­chtsanwalt Colin Gonsalves setzt sich für den Schutz der Menschenre­chte in Indien ein. Die aserbaidsc­hanische Journalist­in Khadija Ismayilova deckte Korruption auf. Die Äthiopieri­n Yetnebersh Nigussie kämpft für die Rechte von Menschen mit Behinderun­g. die sich – ohne viel Unterstütz­ung im Hintergrun­d – für Menschenre­chte, Umweltschu­tz und Frieden einsetzen. Von den bisher 170 Preisträge­rn stammen zwei aus Österreich: der 1994 verstorben­e Zukunftsfo­rscher Robert Jungk (1986) und Bischof Erwin Kräutler (2010). (ksh, APA, dpa)

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Die Fabrik von DuPont in West Virginia, die giftige Chemikalie­n in den nahegelege­nen Ohio River gepumpt hat.
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