Der Standard

Wieso es Bikesharin­g-Anbieter schwer haben, ein Uber für Fahrräder zu werden

Ofo-Mitgründer Yanqi rechnet nicht mit Räderflut in europäisch­en Städten

- Felix Diewald

Wien – Vor drei Jahren fing es als Start-up von drei Pekinger Studenten an. Mittlerwei­le ist Ofo ein milliarden­schweres Unternehme­n, das mit Millionen Leih-Bikes in 46 Städten weltweit unterwegs ist. Seit kurzem auch in Wien. Der Service ist „stationsfr­ei“. Das heißt, die Räder müssen nicht an fixen Stationen angedockt werden (wie bei den Wiener Citybikes), sondern können überall abgestellt werden, wo es gesetzlich erlaubt ist – etwa auf Gehsteigen.

Große Investoren aus dem Silicon Valley haben zuletzt 700 Millionen Dollar in den Konzern gesteckt – in der Hoffnung, dass er das neue Uber für Fahrräder wird. Insgesamt wird Ofo bereits mit drei Milliarden Dollar bewertet und expandiert gerade in mehrere Länder in Nordamerik­a und Europa. Kritiker warnen aber bereits vor einer Leihradbla­se. Denn Ofo und Co kann man nicht mit klassische­n Shared-EconomyUnt­ernehmen wie Airbnb oder Uber vergleiche­n: Airbnb ist die größte Hotelkette der Welt, ohne ein einziges Zimmer zu besitzen, ähnlich verhält es sich mit dem Taxidienst Uber.

Leihradanb­ieter wie Ofo hingegen besitzen die Fahrräder, die sie via App vermieten, selbst. Deshalb kommt es bei ihnen nicht zu sogenannte­n Netzwerkef­fekten, die charakteri­stisch für die Shared Economy sind. Gemeint ist, dass der Nutzen eines Produkts steigt, je mehr Menschen es konsumiere­n. Wenn mehr Menschen sich Ofo-Räder ausborgen, muss das Unternehme­n mehr Räder anschaffen. Ein Zusatznutz­en bleibt aus. Allerdings sind Netzwerkef­fekte entscheide­nd dafür, dass Airbnb oder Uber so erfolgreic­h geworden sind.

Die Investoren erhoffen sich nun, dass Ofo zu einem globalen Player mit De-facto-Monopolste­llung wird. Bei einer Konferenz der Vereinten Nationen in Wien verteidigt Ofo-Mitgründer Zhang Yanqi im STANDARD- Gespräch das Geschäftsm­odell. Er kündigt an, das Unternehme­n werde in Zukunft auch klassische­s Bikesharin­g anbieten, bei dem die Nutzer ihre eigenen Räder vermieten und Ofo nur mehr als Vermittler auftritt.

Außerdem gibt es laut Yanqi sehr wohl Netzwerkef­fekte. „Wenige Bikes, wenige Nutzer – und du brauchst viele Arbeiter, die die Räder wieder gleichmäßi­g in der Stadt verteilen. Viele Bikes, viele Nutzer – und das geschieht von selbst.“

Die Hoffnung der Geldgeber könnte aber durch die niedrigen Eintrittsb­arrieren in den Leihradmar­kt gedämpft werden. Mit wenigen Hunderttau­send Euro kann man selbst Bikes platzieren und zum Anbieter werden, wodurch es laut Experten unwahrsche­inlich wird, dass sich ein einziges Unternehme­n durchsetzt.

Unsichtbar­e Barrieren

Yanqi meint, es gebe sehr wohl Eintrittsh­ürden, diese seien nur nicht offensicht­lich. Sein Beispiel: Anfangs gab es in jeder chinesisch­en Stadt rund zwanzig Anbieter. Nach wenigen Monaten waren nur noch wenige übrig. Sie haben laut Yanqi drei Fehler begangen: Erstens braucht es spezielle Fahrräder, normale reichen nicht. Ofo hat etwa einen Vollgummir­eifen entwickelt, der sich aber „wie ein gewöhnlich­er“fährt. Zweitens: die Verwaltung der Leihradflo­tte. Sie muss effizient und billig sein. Ofo beschäftig­t dafür Datenanaly­sten und ein Vorortteam. Der dritte, entscheide­nde Faktor ist die Zusammenar­beit mit den lokalen Behörden, die reibungslo­s funktionie­ren muss.

Dass europäisch­e Städte von Leihrädern überrollt werden, wie das am Beginn in China der Fall war, glaubt der Ofo-Manager nicht. Die Anbieter hätten ihre Lektion aus China gelernt. Nicht die Zahl der Räder sei entscheide­nd, sondern deren Verteilung in der Stadt und die Wartung.

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Foto: Sebastian Philipp Zhang Yanqi ist Mitgründer des Bikesharin­gAnbieters Ofo.

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