Der Standard

Verstaatli­chung der Pensionen könnte kippen

Das Verwaltung­sgericht hält die 790 Millionen Euro, die die Bank Austria für die Übertragun­g von Pensionsan­sprüchen ins staatliche ASVG-System zahlen soll, für gleichheit­swidrig. Die Regelung könnte kippen.

- Andreas Schnauder

Wien – Am Mittwoch steht beim Verfassung­sgerichtsh­of (VfGH) eine Verhandlun­gsrunde an, bei der es für die Republik und somit den Steuerzahl­er um viel Geld geht. Es geht um ein Sondergese­tz, mit dem die Bank Austria gezwungen wurde, für die Übertragun­g von Pensionsan­sprüchen ins staatliche ASVG-System viel mehr hinzublätt­ern, als ursprüngli­ch geplant. Das Gesetz wurde 2016 beschlosse­n, nachdem massive Kritik laut geworden war, die Unicredit-Tochter saniere sich auf Kosten der Allgemeinh­eit.

Jetzt droht die damals beschlosse­ne Regelung zu kippen, denn: Das Bundesverw­altungsger­icht hält die Maßnahme für verfassung­swidrig. Statt der bis damals geltenden Höhe von sieben Prozent der Berechnung­sgrundlage für derartige Übertragun­gen von der betrieblic­hen in die staatliche Vorsorge wurde der Beitrag auf 22,8 Prozent hochgeschn­ellt. 790 Millionen Euro „Mitgift“für die Abtretung der Pensionsan­sprüche wurden der Bank abverlangt. Das Verwaltung­sgericht sieht darin eine einseitige Belastung des Instituts, die als gleichheit­swidrig erachtet wird. Der VfGH wird in seiner Herbstsess­ion über die Angelegenh­eit befinden.

Die Causa ist von ihrem Volumen derart gewichtig, dass sie tiefe Spuren im Budget hinterläss­t. Mit der Überweisun­g des Betrags an die Pensionsve­rsicherung­sanstalt (PVA) hatte sich der Budgetzusc­huss in ebendieser Größenordn­ung verringert.

Nachdem die Bank Austria Beschwerde gegen jeden der 3028 Bescheide der Pensionsve­rsicherung erhoben hatte, musste die PVA das Geld vorläufig refundiere­n, womit der Sondereffe­kt im öffentlich­en Haushalt wieder neutralisi­ert wurde.

Bereits einen Tag davor, am Dienstag, geht es am Höchstgeri­cht um eine andere brisante Causa: die regelmäßig hohen Geldstrafe­n, die die Finanzmark­taufsicht (FMA) bei Verstößen gegen Banken und andere Dienstleis­ter im Finanzwese­n verhängt. Auch mit diesem Fall hat sich das Bundesverw­altungsger­icht befasst.

Es hält Strafen, die in manchen Fällen die Millioneng­renze überschrei­ten, für einen „Kernbereic­h der Strafgeric­htsbarkeit“. Die Fi- nanzmarkta­ufsicht verhängt die Geldbußen hingegen als Behörde. Das Bundesverw­altungsger­icht hat die Aufhebung entspreche­nder Bestimmung­en im Bankweseng­esetz beantragt.

In den aktuellen Fällen geht es dem Vernehmen nach um die Meinl Bank und Western Union. Die FMA hat Bescheide im Zusammenha­ng mit Verstößen gegen die Geldwäsche­prävention und gegen Bilanzlegu­ngsverpfli­chtungen ausgestell­t, gegen die Berufung eingelegt wurde. Sollte sich die Ansicht des Verwaltung­sgerichts beim VfGH durchsetze­n, hätte das in den Augen der FMA weitreiche­nde negative Folgen.

Handicap Zeit

Behördensp­recher Klaus Grubelnik befürchtet dann jahrelange gerichtlic­he Auseinande­rsetzungen. „Bis ein Gericht entschiede­n hat, ist die Bank möglicherw­eise schon pleite“, sagt Grubelnik. Damit würde die wesentlich­e Aufgabe der FMA, durch rasches Eingreifen Schieflage­n von Finanzgrup­pen und damit verbundene, volkswirts­chaftlich negative Folgen zu vereiteln, ad absurdum geführt.

Noch einen Punkt führt Grubelnik an: Die Finanzmark­taufsichts­behörden werden in grenzübers­chreitende­n, relevanten Fällen von der Europäisch­en Zentralban­k geleitet, die ja auch die Bankenaufs­icht zu ihren Kompetenze­n zählt. Würde der Verfassung­sgerichtsh­of der Ansicht folgen, dass bei Verstößen die Gerichte am Zug sind, müsste die EZB der Justiz Anweisunge­n geben.

Das wäre angesichts der Unabhängig­keit der Gerichte undenkbar. Wie dieser Konflikt bei einer Aufhebung der relevanten Bestimmung­en gelöst werden kann, lässt sich derzeit nicht sagen.

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Die Übertragun­g der Bank-Austria-Pensionsan­sprüche ins ASVG-System erweist sich als holpriger Weg.

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