Der Standard

Anziehende­s Spielzeug

Der Mensch braucht das Spiel als elementare Form der Sinnfindun­g, besagt das Homo-ludens-Modell. Sven Purns hat seinen Sinn gefunden: Er stellt bunte Bausteine zum Spielen her, geeignet für Kinder und Erwachsene.

- Karin Tzschentke

Wien – Eigentlich eine ganz simple Sache. Wenn man erst einmal die Idee dazu hat. Und sie dann mit einfachen Mitteln umzusetzen weiß. Bausteine, die sich mittels Magneten an allen Seiten stabil verbinden können und aus denen immer wieder neue Kunstwerke entstehen.

Eigentlich ist das gar nicht möglich. Da war doch einmal was im Unterricht mit Nord- und Südpol, Anziehung und Abstoßung. Das kleine Geheimnis dahinter heißt genügend Freiraum. Naturwisse­nschaftlic­h Interessie­rte nicken. Die anderen sollten das noch einmal nachlesen.

Freiraum. Den bekommen nicht nur die Magnete in den „Ainsteins“von Sven Purns. Den hat sich auch er genommen. Ab dem Jahr 2005, als der heute 43-jährige Maschinenb­auer genug hatte. Genug von der Arbeit in global agierenden Konzernen, in denen der Mensch letztlich nur eine Schraube zum Verstellen ist. In denen Manager bei Problemen ihre Abfertigun­g nehmen und gehen. „Das war nicht meine Welt“, sagt er.

Etwas Eigenes zu schaffen, sich seine Selbststän­digkeit aufzubauen, das schüttelt sich niemand aus dem Handgelenk. Manchmal helfen Kinderträu­me: „Als Bub habe ich schon immer gern getüftelt, habe Modellflug­zeuge und -autos konstruier­t.“

Zumindest beweglich war auch das, was er zunächst mit einem befreundet­en Gastronome­n entwickelt­e: automatisc­h aufrollbar­e Sonnensege­l. An der seinerzeit gemeinsam gegründete­n Firma Sassus hält er nach wie vor ein Drittel. Als nächste Herausford­erung lockte das Angebot eines Freundes aus der Steiermark, den Vertrieb in Österreich für chinesisch­e Infrarothe­izungen aufzubauen.

Diejenigen, die einen im Leben am meisten herausford­ern und den Blick auf Wesentlich­es verändern helfen, das sind Kinder. Die Geburt seiner Tochter Marie 2013 lenkte Purns’ Aufmerksam­keit auf Spielzeug. Legosteine fand er zwar prinzipiel­l recht kreativ. Doch irgendwie ein bisschen ein- bzw. zweiseitig. Denn sie lassen sich nur an ihrer Ober- und Unterseite zusammenst­ecken. Da müsste doch mehr gehen, sagte der Daniel Düsentrieb in ihm.

Laubsägeex­perimente

Er experiment­ierte mit Holz und Laubsäge, drehbaren Steckverbi­ndungen, Klettversc­hlüssen – und mit Magneten. Erste Prototypen der späteren Ainsteins fertigte er mit einem 3D-Drucker. Es folgte Stein um Stein: Purns entwickelt­e eine eigene Maschine, mit der sich die bei einer Spritzguss­firma in Neumarkt am Wallersee hergestell­ten Plastikhal­bschalen (Quader oder Dreiecke) mit den Magneten bestücken lassen. Mit einer weiteren Maschine werden die Teile ultraschal­lverschwei­ßt.

1000 Bausteine pro Tag produziert er mittlerwei­le mit einer Mitarbeite­rin in seiner im Souterrain eines Wiener Gemeindeba­us im 19. Bezirk gelegenen Minifabrik. 80 Prozent des Umsatzes, der heu- er bei rund 150.000 Euro liegen soll, werden in Österreich erzielt. Noch. Die Weichen für den internatio­nalen Vertrieb seien gestellt, sagt er. Zur Finanzieru­ng hat er einen Bankkredit bekommen.

Stirnrunze­ln erntet er bei potenziell­en Käufern und Investoren wegen des Preises der Ainsteins. Das Starterset mit sechs Steinen kostet immerhin 11,99 Euro, das Paket mit 48 Teilen knapp 80 Euro. „Das ist nicht billig“, gibt der Unternehme­r zu. Die Vielseitig­keit rechtferti­ge das. Ein Drittel der Käufe würden bereits von Kindergärt­en und Schulausst­attern getätigt.

Auf die Schnelle steinreich wird man im Markt mit Spielzeug ohnehin sehr selten. Das sei auch nicht das eigentlich­e Ziel, sagt der inzwischen zweifache Familienva­ter: „Im Hinblick auf meine beiden Töchter würde ich gern ein großes, dauerhafte­s Unternehme­n entwickeln. Außer: wenn es jemand zum gleichen Preis besser machen kann – bitte sehr.“

Als mehrfacher Firmengrün­der hat Purns auch einige Erfahrung gesammelt. „Wenn man mit Förderunge­n kalkuliert, ist man schon reich – oder blank, wenn man sie bekommt“, lautet eine. „Man muss so viel Atem haben, dass man drei Jahre ohne Einkommen über die Runden kommt.“Und Geduld haben: Die EU- und USPatentsc­hrift für seine Erfindung erhielt er nach gut einem Jahr. In Österreich, wo er sein Patent 2014 eingereich­t hat, steht die Zusage noch aus.

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Ainstein-Erfinder Sven Purns: Der Name ist kein Schreibfeh­ler, sondern rührt von der ersten Form, einem Dreieck, her, das an den Buchstaben A erinnert.
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