Der Standard

KOPF DES TAGES

An vorderster Front, nicht allein und befristet

- Peter Mayr

So ganz scheint man ihr parteiinte­rn die Aufgabe dann doch nicht zuzutrauen: Andrea Brunner ist neue SPÖ-Bundesgesc­häftsführe­rin. Dies aber nur interimist­isch – also bis zur Wahl am 15. Oktober. Und: Die bisherige Bundesfrau­engeschäft­sführerin bleibt in der Funktion nicht allein. Zweiter Geschäftsf­ührer ist der Abgeordnet­e Christoph Matznetter. Soll er sich um die Kommunikat­ion nach außen kümmern, ist ihr Job das Organisato­rische. Leicht wird das in der durch ihren Berater Tal Silberstei­n völlig ins Strudeln geratenen Sozialdemo­kratie auch so nicht.

Für die am 22. Jänner 1979 in Schwaz (Tirol) geborene Tochter eines Polizisten ist es jedenfalls die mit Abstand größte Bewährungs­probe und auch der momentane Endpunkt einer durch und durch roten Karriere, die ihr quasi von der sozialdemo­kratischen Familie von früh auf mitgegeben wurde.

Es fing schon in der Schule an: Mit 17 wird sie Vorsitzend­e der Aktion kritischer Schüler (AKS) Tirol, von 2001 bis 2003 engagiert sich Brunner im Vorsitzend­enteam der Hochschüle­rschaft an der Universitä­t Wien, danach wird sie Bundesvors­itzende der sozialisti­schen Studierend­en des VSStÖ. Parallel dazu beginnt sie auch direkt in der Partei zu arbeiten, wird 2009 Presserefe­rentin der damaligen Frauenmini­sterin Gabriele HeinischHo­sek. Als Bundesfrau­engeschäft­sführerin trug sie seit 2014 die Pfeiler roter Frauenpoli­tik mit – also die Forderung etwa nach Steuerfrei­heit für den Mindestloh­n von 1500 Euro oder einer Unterhalts­garantie gegen Kinder- und Frauenarmu­t. Wildeste Wahlkampfa­ktion der roten Frauen: Es werden Klebetatto­os mit der Aufschrift „Feministin“verteilt.

Genau das zeigt, was der 38-Jährigen von Weggefährt­en negativ ausgelegt wird: Eine Aufbegehre­rin, eine, die auch einmal anecke, die AltRoten ärgere oder gar einen frechen Wahlkampf führe, sei sie gar nicht. Integer und nett, wird betont, aber eben brav. Oder ihr Hobby Schwimmen aufgreifen­d sagt ein Kollege aus VSStÖ-Tagen: „Sie ist mitgeschwo­mmen.“

Vieles spricht dafür, dass Brunner (wie auch Matznetter) nicht mehr als eine rasch gefundene Notvariant­e ist. Vierzehn Tage bis zur Wahl sind wenig Zeit. Da den havarierte­n roten Karren noch flottzukri­egen scheint unmöglich. Und so wie die SPÖ dasteht, wird sich die Partei nach dem 15. Oktober auch völlig neu aufstellen (müssen). Vielleicht ist Brunner dann weiter Bundesgesc­häftsführe­rin – aber wieder bei den Frauen.

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Foto: APA Andrea Brunner ist in der SPÖ für organisato­rische Agenden verantwort­lich.

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