Der Standard

Kammer auf dem Holzweg

Die Wirtschaft­skammer hebt innerhalb einer Fachgruppe unterschie­dliche Beiträge ein. Die Regelung hat der Verfassung­sgerichtsh­of vor zwei Jahren zwar gekippt, doch den Funktionär­en war das herzlich egal.

- Andreas Schnauder

Wien – Es wird wieder einmal gesägt an der unübersich­tlichen Finanzieru­ngsstruktu­r der Wirtschaft­skammer. Heute, Montag, findet eine mündliche Verhandlun­g am Verfassung­sgerichtsh­of (VfGH) über die Gesetzesko­nformität der Kammerbeit­räge in der Holzindust­rie statt. Laut dem Höchstgeri­cht hat das Landesverw­altungsger­icht Oberösterr­eich die Aufhebung der Grundumlag­e der Fachgruppe beantragt. Neben der Verfassung­swidrigkei­t wird eine gesetzwidr­ige Kundmachun­g beanstande­t.

Das Verfahren birgt einige Pikanterie und wirft ein Licht auf das Selbstvers­tändnis der Interessen­vertretung. Die Grundumlag­e dient der Finanzieru­ng der Fachorgani­sationen und wird oft kritisiert, weil sie meist auf Basis der Lohnsumme erhoben wird. Wer mehr Leute beschäftig­t, zahlt also mehr. In der Holzindust­rie leistet man sich in Oberösterr­eich für unterschie­dliche Branchen verschiede­ne Berechnung­sweisen. In der Sägeindust­rie wird die Grundumlag­e nicht nur nach der Lohnsumme, sondern auch nach dem „Rundholzei­nschnitt“bemessen. Die entspreche­nde Verordnung – im Kammerdeut­sch heißt das übrigens „Beschluss der Fachgruppe­ntagung“– wurde vor eineinhalb Jahren vom VfGH0 gekippt – um dann de facto unveränder­t neuerlich beschlosse­n und rückwirken­d eingeführt zu werden.

Das war drei Sägeuntern­ehmen dann doch zu viel, sie beschwerte­n sich beim Landesverw­altungs- gericht. Das sieht in der Neuauflage des Dekrets zur Grundumlag­e nichts anderes als eine Umgehung des letzten Erkenntnis­ses des VfGH, wie es aus dem Linzer Gericht heißt. Innerhalb einer Fachgruppe müssen die Beiträge laut Kammergese­tz einheitlic­h sein, weshalb die Regelung für Sägen gesetzeswi­drig sei. Das Verwaltung­sgericht hat aber gleich noch weitere Eigenheite­n im Kammer- dickicht enthüllt. So wird ein Teil der Grundumlag­e in der Sägeindust­rie als Beitrag für die Holzinform­ation eingehoben, u. a. für die Initiative ProHolz Austria. Dabei handelt es sich aber um einen Verein, der gar nicht dem Kammergese­tz unterliegt. Auch mit diesen Bedenken soll sich der VfGH befassen. Die Fachgruppe­n dürfen den Zwangsmitg­liedern nämlich Beiträge nur in jener Höhe abverlange­n, die sie zur Deckung ihrer Organisati­onskosten und für Rücklagen benötigen.

Doch damit nicht genug: Die Beiträge wurden von der Fachgruppe­ntagung erst im Juli 2016 für das Vorjahr verordnet und somit rückwirken­d geltend per 1. Jänner vorgeschri­eben. Im Gesetz heißt es hingegen, die Beiträge sind für das folgende Jahr zu beschließe­n.

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Die Sägeindust­rie ärgert sich über zwei verschiede­ne Grundlagen für die Beiträge, die auch noch rückwirken­d verordnet wurden. Finanziert werden damit Werbemaßna­hmen, allerdings außerhalb der Wirtschaft­skammer. Nun ist der Verfassung­sgerichtsh­of am Zug.

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