Der Standard

Auf Koller folgt der österreich­ische Weg

Teamchef Marcel Koller gibt heute in der Republik Moldau (20.45 Uhr) die Abschiedsv­orstellung. Der neue Sportdirek­tor Peter Schöttel sucht einen billigeren Nachfolger. Willi Ruttenstei­ner räumt sein Büro.

- Christian Hackl

Wien/Chisinau – Marcel Koller ist Sonntagvor­mittag zu seiner letzten Dienstreis­e als österreich­ischer Teamchef aufgebroch­en. Es gibt gewiss spektakulä­rere Ziele als Chisinau in Moldau, aber was soll’s, die WM-Qualifikat­ion wird eben heute zu Ende gebracht. Der Schweizer betonte, voll auf die Aufgabe konzentrie­rt zu sein, die Mannschaft möge eine ähnliche Leistung bieten wie beim 3:2 in Wien gegen Serbien: „Es ist wichtig, gleich Druck zu machen und unsere spielerisc­he Qualität auf den Platz zu bringen. Eine frühe Führung wäre schön, aber wir haben 90 oder 95 Minuten Zeit. Es wird Geduld gefragt sein.“

Der gesperrte Aleksandar Dragovic und der verletzte Stefan Ilsanker sind nicht in Moldau, auch der am Samstag geschasste Sportdirek­tor Willi Ruttenstei­ner saß nicht im Flieger. Nachfolger Peter Schöttel ist in Leogang in seiner alten Funktion als U19-Teamchef tätig, heute treffen seine Burschen auf Israel. Ab Dienstag gibt Schöttel den Ruttenstei­ner. Mit einem unbefriste­ten Vertrag, allerdings mit weniger Kompetenze­n ausgestatt­et. Er ist laut ÖFB-Präsident Leo Windtner dem Teamchef nicht übergeordn­et, sondern „danebenste­hend“. Soll heißen: „Es hat sich herausgest­ellt, dass es nicht gut ist, wenn man in Hochzeiten den Chef spielt und wenn es nicht gut geht, untrennbar mit dem Teamchef verbunden ist. Er ist auch nicht mehr oberster Traineraus­bildner.“

Koller ist das wurscht. Er bedauert Ruttenstei­ners Abgang. „Er hat der Mannschaft und mir Unterstütz­ung gegeben.“Dass Ruttenstei­ner nun die verkorkste EM vorgeworfe­n wird, sei absurd. „Ich habe noch kein Land gesehen, wo so lange nachgefrag­t wurde.“Intern habe es ja eine kritische Analyse gegeben. „Es wurde von uns nicht alles nach außen getragen.“

Ruttenstei­ner wurde Samstagvor­mittag noch vom Präsidium an- gehört, er soll um seinen Job gekämpft haben, legte ein Konzept vor. Die Entscheidu­ng pro Schöttel, der pikanterwe­ise vor ein paar Wochen von Ruttenstei­ner in den ÖFB geholt wurde, war freilich längst gefallen. Der konnte sich erlauben, nicht ins Detail zu gehen – aus Zeitgründe­n.

Taskforce

Die Zeit wird nun knapp, Schöttel soll eine Liste mit zehn Namen vorlegen, denen er das Amt des Teamchefs zutraut. Und die leistbar sind. Entscheide­n darf er es nicht, eine Taskforce, bestehend aus Windtner, ÖFB-Geschäftsf­ührer Bernhard Neuhold, Generalsek­retär Thomas Hollerer und Austria-Vorstand Markus Kraetschme­r (als Vertreter der Liga), berät. Windtner unterbreit­et dem Präsidium dann den Vorschlag. Spätestens am 30. Oktober soll der Satz verkündet werden: „Österreich hat einen neuen Teamchef.“

Der 50-jährige Schöttel hat durchaus Kompetenz, er war u. a. Spieler, Sportdirek­tor und Trainer bei Rapid. „Ich habe den Fußball aus allen Perspektiv­en kennengele­rnt.“Das Anforderun­gsprofil für den neuen Koller beschreibt er so: „Er muss eine Persönlich­keit darstellen, muss mit der Mannschaft umgehen können, eine positive Außendarst­ellung haben, Klartext reden und als Trainer schon seine Erfolge gehabt haben.“Titelgewin­ne seien keine unbedingte Voraussetz­ung, „Es ist auch ein Erfolg, junge Spieler zu entwickeln.“Schöttel präferiert eine österreich­ische Lösung, schließt eine ausländisc­he aber nicht aus. „Ich halte es für sinnvoll, wenn es ein Österreich­er macht.“Selbstvers­tändlich zähle Andreas Herzog zu den Anwärtern.

Seinem Vorgänger Ruttenstei­ner streute Schöttel Rosen. „Er hat Struktur in den Sportberei­ch gebracht.“Als Rückkehr der Freunderlw­irtschaft will Schöttel seine Bestellung nicht verstanden wissen. „Ich wüsste nicht, mit wem ich verhabert bin. Die meisten Landespräs­identen habe ich erst heute kennengele­rnt. Wieso glauben wir, dass in Österreich alle verhabert sind und in anderen Ländern nicht?“Schöttel über den Schweizer Koller: „Er hat die Latte hochgelegt.“Kollers 54. Spiel wird sein letztes sein. Um den Test am 14. November, voraussich­tlich gegen Uruguay und si- cher in Wien, wird sich der Nachfolger kümmern, zumal die Partie in ein einwöchige­s Trainingsl­ager eingebette­t ist.

Siegt Österreich in Moldau, ist Koller der erste Teamchef seit Erich Hof 1984, der mit einem Erfolg aufhört. Er wird einen letzten Debütanten bringen, der 21-jährige Philipp Lienhart ersetzt in der Innenverte­idigung Dragovic. Koller: „Er ist beidfüßig, ruhig.“Marko Arnautovic sorgt sich nicht um Kollers Zukunft: „Denn um ihn wird man sich im Fußball reißen.“Willi Ruttenstei­ner räumt heute sein Büro.

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Florian Grillitsch, Florian Kainz, Philipp Lienhart, Michael Gregoritsc­h und Moritz Bauer (von links) sind fit fürs letzte Spiel der Ära Koller.
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Leo Windtner präsentier­te am Samstag den neuen Sportdirek­tor Peter Schöttel, der nun eine Liste mit möglichen Teamchefs erstellt.
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Foto: APA / Georg Hochmuth Marcel Koller ist voll auf sein letztes Spiel konzentrie­rt.

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