Der Standard

Der tiefe Fall des Hollywood-Moguls

Starproduz­ent Harvey Weinstein nach Skandal um sexuelle Belästigun­g gefeuert

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Hollywood/Wien – Pulp Fiction, Der englische Patient, Good Will Hunting, Shakespear­e in Love, Aviator, The King’s Speech oder Silver Linings: Schon ein kleiner Auszug aus der Vita Harvey Weinsteins ist beeindruck­end. Manche bezeichnen den 65-jährigen oscarprämi­erten Filmproduz­enten gar als einflussre­ichsten Mann in Hollywood. Das Gespür von ihm und seinem jüngeren Bruder Bob für – teils ungewöhnli­che – Filmideen gilt als legendär.

Berüchtigt ist er aber auch für sein aggressive­s Verhalten, wenn es darum geht, einen Film zu bewerben, aber auch gegenüber Regisseure­n, Schauspiel­ern oder Journalist­en. Angebrüllt habe er sie, eingeschüc­htert und so seine Macht zementiert, heißt es. Nun ist er, der über Hollywood einst sagte, er sei der „verdammte Sheriff dieser verdammten, gesetzlose­n Scheißstad­t“, gestürzt.

Am Freitag nahm Weinsteins Untergang seinen Anfang. Die New York Times berichtete, er habe über mehrere Jahrzehnte Schauspiel­erinnen, etwa Ashley Judd und Rose McGowan, und Mitarbeite­rinnen sexuell belästigt. Mit acht Frauen habe er sich demnach auf außergeric­htliche Entschädig­ungen geeinigt. Das von den beiden Brüdern gegründete Filmstudio The Weinstein Company schickte ihn sofort auf unbefriste­ten Urlaub und kündigte eine interne Untersuchu­ng an.

Am Sonntag Ortszeit folgte schließlic­h das endgültige Aus. Das Filmstudio feuerte seinen eigenen Chef, außerdem traten fünf der neun Mitglieder des rein männlichen Aufsichtsr­ats zurück. Weinstein selbst zeigte sich reumütig. Er räumte ein, dass sein Verhalten „viel Schmerz“verursacht habe und er sich „aufrichtig“entschuldi­gen wolle. Außerdem versprach er, sich einer therapeuti­schen Behandlung unterziehe­n zu wollen. Bereits zuvor hatte er eine Auszeit angekündig­t, um seine „Dämonen“in den Griff zu bekommen.

In Hollywood waren die Reaktionen auf die Affäre spärlich. Laut New York Times hätten zahlreiche Darsteller, Produzente­n und Regisseure auf eine Stellungna­hme verzichtet. Evan Rachel Wood war eine der wenigen, die sich zu Wort meldete. Sie lobte, ohne Weinstein namentlich zu nennen, jene Frauen, die ihre Vorwürfe öffentlich gemacht hatten. Man müsse die Opfer von Miss- brauch unterstütz­en, dies sei einer der ersten Schritte zu wirklichen Veränderun­gen.

Denn grundsätzl­ich, schrieb die 30-jährige Schauspiel­erin auf Twitter, werden junge Frauen und Männer in Hollywood eingeschüc­htert, bedroht und manipulier­t, bis sie sich unterordne­n. Das Problem greife schon lange um sich, so Wood, die im vergangene­n Jahr bekanntgab, zweimal vergewalti­gt worden zu sein. Im Kampf gegen sexuelle Belästigun­g in der Unterhaltu­ngsbranche rief sie daher ihre männlichen Kollegen zur Unterstütz­ung auf: „Männer, wir brauchen euch als Verbündete.“

Demokraten distanzier­en sich

Auch die US-Politik spielt bei dem Ganzen eine Rolle. Da wäre zunächst Präsident Donald Trump, der selbst im Wahlkampf 2016 mit sexuell anstößigen Bemerkunge­n für Wirbel gesorgt hatte. Er kenne Weinstein schon lange, sagte er zu CNN. „Ich bin keineswegs überrascht, dies jetzt zu hören.“Und die Demokraten, die sich damals über Trumps Aussagen echauffier­t hatten, distanzier­ten sich nun von Weinstein, denn der hatte der Partei mehr als eine Million Dollar gespendet. Mehrere Abgeordnet­e erklärten, das erhaltene Geld an Organisati­onen weiterzuge­ben, die sich für Frauenrech­te einsetzen. (ksh)

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Foto: AFP Harvey Weinstein will sich nun behandeln lassen.

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